Bettina H. ist in Privatinsolvenz und hat seit Jahren Probleme mit ihrer Insolvenzverwalterin. Diese hat das Auto ihres Mannes zwangsvollstreckt, sodass die beiden samt der fünf gemeinsamen Kinder seit rund zwei Jahren ohne Auto dastehen. Nun droht der endgültige Verlust des Familienfahrzeugs. BYC-News sprach mit Bettina H. darüber.

Bettina H. lebte kurze Zeit auf der Straße

Die 47 Jahre alte Bettina H. und ihr Mann Uwe wohnen mit ihren fünf gemeinsamen Kindern in Bad Schwalbach. Sie war zuvor schon einmal verheiratet und hat aus erster Ehe noch vier weitere Kinder, die allerdings bereits ausgezogen sind und nicht mehr zuhause leben.

Bettina H. erklärt: „Ich war schon mal verheiratet und habe aus dieser ersten Ehe bereits große Schulden durch den Hausbau und andere Dinge, die mein Mann verbockt hat. Nach der Scheidung von meinem damaligen Mann habe ich ein dreiviertel Jahr auf der Straße gelebt und habe dann meinen jetzigen Mann, Uwe H., kennengelernt. Im Jahr 2005 haben wir dann geheiratet.“

Privatinsolvenz wegen hoher Schulden

Im Jahr 2010 und den folgenden Jahren verstarben dann einige Verwandte von Bettina H. In diesem Zuge erfuhr sie, dass man auch Schulden vererben kann. Sie entschied daher, dass sie ihren Kindern später mal keine Schulden vererben möchte und hat sich mit Schuldnerberatern unterhalten. Sie entschloss sich schließlich dazu, in Privatinsolvenz zu gehen. „Mir wurde damals von dem Schuldenberater bereits gesagt, dass das kein Problem sei und jedem bewusst sei, dass ich ohne Ausbildung und als Mutter von insgesamt neun Kindern nie in der Lage sein werde, die Schulden in Höhe von rund 200.000 Euro zurückzuzahlen.“ Allerdings musste der Schuldenberater den Gläubigern trotzdem ein Angebot machen. Da dieses anhand des Vermögens und des Einkommens von Bettina H. errechnet wurde, fiel das Angebot entsprechend gering aus und die Gläubiger lehnten das Angebot wie erwartet ab. Ende 2017 sei dann das Insolvenzverfahren eröffnet worden. „Nachdem ich die ganzen Unterlagen ausgefüllt hatte, war das Ganze für mich auch erstmal erledigt“, sagt Bettina H.



Termin mit der Insolvenzverwalterin

„Ich hatte dann kurze Zeit später ein Termin mit der Insolvenzverwalterin in Wiesbaden. Zu diesem Termin hatte mein Mann mich mit seinem Auto, dem Opel Vivaro, gefahren. Die Kinder und mein Mann haben draußen in dem Auto auf mich gewartet. Während dem Gespräch hat die Insolvenzverwalterin immer wieder aus dem Fenster geschaut und mich sehr viel über das Auto gefragt. Ich habe ihr dann erklärt, dass es das Auto meines Mannes sei. Die sagte dann, dass sie die Unterlagen von dem Auto bräuchte nur um sicher zu gehen, dass es wirklich das Auto meines Mannes sei. Ich habe ihr die Unterlagen dann zukommen lassen. Anfang 2018 kam dann ein Brief der Insolvenzverwalterin. Darin stand, dass in den Unterlagen eindeutig ersichtlich sei, dass ich Eigentümerin des Fahrzeuges sei. Ich wurde in dem Brief also aufgefordert, umgehend die Schlüssel und die Papiere von dem Fahrzeug an sie zu übergeben. Ich war zunächst total perplex und habe erstmal die Unterlagen vom Auto raus gesucht. Da habe ich zum ersten mal gesehen, dass auf dem Kaufvertrag tatsächlich mein Name steht. Das war uns all die Jahre nicht aufgefallen, zumal mein Mann den Vertrag unterschrieben hat, das Auto bar bezahlt hat und es auch an ihn übergeben wurde. Er hat das Auto auch zugelassen“, sagte Bettina H.

Sie und ihr Mann hätten dann versucht genau das der Insolvenzverwalterin zu erklären. Gleichzeitig hätten sie eine Anwältin bezüglich dieser Angelegenheit kontaktiert. Diese hätte ihnen mitgeteilt, dass es darauf ankäme, wer im Kaufvertrag stünde, wer diesen unterschrieben hat und wem das Auto ausgehändigt wurde vom Autohaus.

Uwe und Bettina H. benötigen das Auto dringend

„Wir haben das dann der Insolvenzverwalterin mitgeteilt und haben ihr auch gesagt, dass mein Mann das Auto zwingend für seine Arbeit braucht. Denn ein eigenes Auto war Voraussetzung für den Job. Er arbeitete zu dem für ein Krankentransportunternehmen, das Patienten von A nach B gefahren hat. Mein Mann musste mit seinem eigenen Auto immer zu den entsprechenden Standorten der unterschiedlichen Krankentransportfahrzeuge fahren. Dass das Auto benötigt wird, hatten wir von dem Chef auch schriftlich“, sagte Bettina H.

Auch sie benötige das Fahrzeug, da sie immer mal wieder an einem Verkaufsstand für Spargel und Kirschen arbeitet und das Fahrzeug für den Transport der Ware benötigt. Dieser Tätigkeit geht Bettina H. meist von April bis August nach.

„Ich hatte das Auto nur reserviert“

Bettina H. erklärt, wie es dazu kam, dass ihr Name auf dem Kaufvertrag steht: „Ich war damals im Jahr 2014 in Mainz eine Freundin besuchen. Zu dem Zeitpunkt war mein Mann auf der Suche nach einem Auto, weil sein damaliges Auto kaputt war. Ein Autohaus in der Nähe meiner Freundin hatte zu diesem Zeitpunkt eine Sonderaktion. Weil ich sowieso in der Nähe war, fuhr ich hin und habe mich erkundigt, ob es auch große Autos dort gibt, schließlich muss auch mal die ganze Familie in das Auto passen. Vor Ort habe ich dann den Opel Vivaro gesehen. Man hat mir angeboten, dass ich das Auto reservieren kann für maximal zwei Wochen, sodass mein Mann Zeit hat vorbei zu fahren und sich das Auto anzuschauen. Ich habe daraufhin zwei Autos reserviert, damit mein Mann sich die beiden Fahrzeuge, es waren beides Opel Vivaros, anschauen kann. Für die Reservierung musste ich natürlich meine Daten hinterlegen. Mein Mann fuhr dann hin und kaufte schließlich das Auto für rund 25.000 Euro. Wir wussten aber nicht, dass alle weiteren Papiere auf meinen Namen ausgestellt wurden, weil ich zu Beginn das Auto für meinen Mann habe reservieren lassen. Leider haben wir da auch nicht drauf geachtet, der Verkäufer des Autohauses aber auch nicht. Aufgefallen ist uns das wie gesagt erst, als der Brief der Insolvenzverwalterin kam“, so Bettina H.

Zwangsvollstreckung des Autos

Das ganze habe sich dann hingezogen bis 2019. In diesem Zeitraum habe die Insolvenzverwalterin ihr immer wieder Fristen gesetzt und ihr angedroht das Auto zwangszuvollstrecken. „Weil unsere Anwältin uns aber gesagt hatte, dass die Insolvenzverwalterin das eigentlich gar nicht darf, haben wir den Schlüssel und die Papiere natürlich trotz Aufforderung nicht heraus gegeben“, so Bettina H. Im April 2019 habe dann eine Gerichtsvollzieherin vor der Tür gestanden und sie zur Herausgabe der Schlüssel und der Papiere aufgefordert. „Ich erklärte ihr dann, dass ich nichts herausgebe, was mir nicht gehört und mein Mann auch gerade unterwegs sei und den Autoschlüssel dabei habe. Sie hatte das Abschleppunternehmen allerdings direkt dabei die dann das Auto auch aufgeladen haben. Ich habe sie gefragt was mit unseren persönlichen Sachen im Fahrzeug sei, woraufhin sie mir sagte, dass man das zu einem späteren Zeitpunkt klären könnte. Dann sind sie gefahren und haben das Auto meines Mannes mitgenommen“, so Bettina H.

Termine beim Amtsgericht und beim Insolvenzgericht

Bettina und Uwe H. seien dann umgehend zum Amtsgericht in Bad Schwalbach gegangen, um sich dort zu erkundigen. Dort habe man ihnen erklärt, dass sie eine sogenannte Erinnerung, quasi ein Widerspruch, gegen die Zwangsvollstreckung einlegen können. Das haben sie dann auch getan, sagte Bettina H.

„Wir haben dann gleichzeitig auch noch beim Insolvenzgericht in Wiesbaden angefragt, weil die zuvor das ganze Hin und Her mit der Insolvenzverwalterin mitbekommen hatten. Das Insolvenzgericht hat uns dann aber schriftlich mitgeteilt, dass sie dafür nicht zuständig sind. Sie teilten mir mit, dass ich mich an das Amtsgericht wenden soll. Das hatte ich ja bereits getan.“, erzählt Bettina H. weiter.

Kurz darauf habe das Amtsgericht entschieden und ihr den Beschluss zukommen lassen. Darin stünde eindeutig, dass das Fahrzeug unabhängig vom Eigentümer nicht hätte gepfändet werden dürfen, weil es für berufliche Zwecke benötigt wird. Die Insolvenzverwalterin habe allerdings gegen diesen Beschluss vom Amtsgericht Widerspruch eingelegt mit der Begründung, dass das Amtsgericht dafür gar nicht zuständig sei, sondern das Insolvenzgericht in Wiesbaden.

„Ich dachte erst ich sei im falschen Film, habe dann aber genau das Gleiche, was ich beim Amtsgericht abgegeben habe auch nochmal beim Insolvenzgericht abgegeben. Die haben sich mit der Bearbeitung aber wochenlang Zeit gelassen.“, sagte Bettina H.

Uwe H. verlor seinen Job

„In der Zwischenzeit während das Insolvenzgericht sich mit der Bearbeitung Zeit ließ, hatte dann auch der Chef meines Mannes genug. Nachdem das Auto  zwangsvollstreckt wurde, war sein Chef wirklich noch mehrere Monate geduldig und hat ihn immer abholen und fahren lassen. Aber nach ein paar Monaten war es ihm dann natürlich auch zu viel sodass er meinem Mann die fristlose Kündigung ausgesprochen hat“, sagte Bettina H.

Beschluss des Insolvenzgerichts

Nachdem der Job ihres Mannes dann weg gewesen sei, habe das Insolvenzgericht den Beschluss gefasst. In diesem stünde drin, dass Uwe H. ja nun kein Auto mehr benötige, weil er ja auch keine Arbeit mehr habe. „Deshalb hatte das Insolvenzgericht die Klage dann abgewiesen. Das wirkte wirklich so als hätten die mich absichtlich erst zum falschen Gericht geschickt und dann so lange gewartet, bis mein Mann den Job verloren hat und die die Klage abweisen können“, sagt Bettina H.



Drittwiderspruchsklage von Uwe H.

Zeitgleich mit den Klagen soll Uwe H. auch noch eine separate Drittwiderspruchsklage eingereicht haben. Damit wollten sie nach eigenen Angaben beweisen, dass die Vollstreckung gar nicht erst hätte vollzogen werden dürfen. „Da hat mein Mann quasi geklagt, dass fälschlicherweise sein Auto abgeschleppt wurde. Bei der Klage hieß es dann aber, dass mein Mann beweisen muss, dass er das Auto tatsächlich damals für sich gekauft hat. Aber wie will man das denn nach so vielen Jahren noch beweisen außer mit den Papieren die wir haben. Er hatte das Fahrzeug auch von Erspartem Bar bezahlt, sodass es keine Kontoauszüge darüber gibt“, erklärt H.

Der Verkäufer will sich nicht erinnern

Die Familie habe dann auch den Verkäufer ausfindig gemacht, der Uwe H. damals das Auto verkauft hatte. Gegenüber Bettina H. soll er zunächst angegeben haben, sich noch an die Familie erinnern zu können. „Ich fragte ihn, ob er das Ganze schriftlich an das Gericht schicken würde und bezeugen würde, dass er das Auto meinem Mann verkauft hat. Er meinte aber er will sich da nicht festnageln lassen und würde das nur machen, wenn das Gericht ihn dazu auffordert. Ich denke das hängt damit zusammen, dass es ja auch ein Fehler von ihm als Verkäufer war damals nicht darauf zu achten, welcher Name im Kaufvertrag drin steht“, erklärt Bettina H. Sie haben den Verkäufer dann beim Gericht als Zeuge benannt, woraufhin das Gericht eine Aussage bei ihm anforderte. Darin soll er allerdings ausgesagt haben, sich nicht an die Familie erinnern zu können und daher auch nichts zur Klärung des Sachverhalts beitragen zu können.

Angst das Auto endgültig zu verlieren

Nun sei in der vergangenen Woche ein Schreiben der Insolvenzverwalterin bei Familie H. eingetroffen, in der Uwe H. letztmalig dazu aufgefordert wird, die Schlüssel und Papiere des Fahrzeugs heraus zu geben. „Sollte das nicht erfolgen, dann würde sie auf seine Kosten neue Fahrzeugpapiere und Schlüssel anfertigen lassen und ihn zusätzlich noch wegen Unterlassung verklagen. Wir haben uns jetzt eben Gedanken, dass das Auto endgültig verloren ist, wenn wir die Papiere und Schlüssel aushändigen. Ich gehe in der Zwischenzeit stark davon aus, dass die Kosten für die Abschleppmaßnahmen und die Unterbringung für zwei Jahre höher sind als der Wert des Autos“, sagt Bettina H. abschließend.

Eine Anfrage bei der Insolvenzverwalterin wurde von der Redaktion gestellt. Wir berichten weiter.