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Die Sendung strahlen wir in Farbe aus. Diesen Satz muss man Jüngeren erklären. Denn er stammt aus einer anderen Fernsehepoche. Den 70er Jahren. Buntfernsehen war zwar schon erfunden, aus Kostengründen produzierten die Sender aber vieles noch in Schwarz-Weiß. Und vor der Sendung teilte die Ansagerin mit, ob die Show nun mit oder ohne Farbe läuft. Was eine Ansagerin war? Ok. Fangen wir vorne an:


Am 13. Mai 1971 strahlte das ZDF zum ersten mal „Dalli Dalli“ aus. Ein Schnellratequiz am Donnerstagabend. Das war auch der Sendeplatz der Show Wim Thoelkes „Der Große Preis“. Da ging es ein wenig betulich zu. Zwischendrin sang ein Operettenstar acht Minuten lang und die Kandidaten mussten danach raten, aus welcher musikalischen Epoche die Lieder stammten.

So viel Zeit ließ sich Hans Rosenthal nicht. Tempo war angesagt. Zum Anfang stand die Schnellraterunde. Kandidaten bekamen eine Frage wie: Nennen Sie Dinge, die man im Urlaub gerne macht! Dann hatten sie 15 Sekunden Zeit und legten im Wechsel los: Faulenzen-Sport-Blumen gießen-Fußball-Rasen gießen-Handball-Gras gießen-Faullenzen…“

Damals war Deutschland noch amtlich. Auch im Showbusiness. Eine Jury musste über die Richtigkeit der Antworten urteilen und sagte Sätze wie: Faullenzen war doppelt, das müssen wir leider einmal abziehen. Rasen und Gras gießen lassen wir durchgehen.

Sprachgebrauch bereichert

„Das … war doppelt, das müssen wir leider abziehen“, war nicht die einzige Redewendung der Show, die es in den allgemeinen Sprachgebrauch schaffte. „Das macht in Schilling“ war genau so üblich und natürlich: „Sie sind der Meinung – das war – Spiiitzee“, nach besonders gelungenen Auftritten. Dazu sprang Moderator Hans Rosenthal in die Luft, wobei dann das Bild eingefroren wurde. In den frühen 70er Jahren galt das als Hightech.

Beliebt waren die aufwendigen Aufbauten, in denen Prominente Aufgaben erfüllen mussten. Meist ging es darum, irgendwas in dafür denkbar ungeeigneten Gefäßen zu transportieren. Ein Kindergeburtstag. Immer fröhlich. Fast. Am Ende der pünktlich nach 90 Minuten endenden Show standen alle Teilnehmer aufgereiht und der Moderator verkündete den guten Zweck, für den der Erlös der Folge gespendet wurde: Oft waren es Kinder, die ihre Eltern nach einem Schicksalsschlag verloren hatten.

Mord am Bruder des Moderators

Es war der Moment der Sendung, der die zwei Seiten des Moderators spiegelte: Rosenthal war der perfekte Moderator der 70er Jahre: Immer lächelnd und höflich, nicht vornehm aber solide angezogen und immer auf die gute Laune seiner Zuschauer bedacht. Einerseits.

Doch es gab auch die Lebensgeschichte des Hans Rosenthal. Eines Jungen, der selbst ein Schicksal erlebte, das deren Schicksal ähnelte, für die er sammelte: Seine Mutter starb, da war er 17 Jahre alt, sein Bruder Gert zehn Jahre. Die Nazis schickten die beiden Jungen in ein Waisenheim.

Hans Rosenthal arbeitete. Unter anderem als Totengräber. Sein Bruder Gert wurde deportiert. Mit zehn Jahren. Wenige Tage später töteten die Nazis das Kind im Konzentrationslager Majdanek. Hans Rosenthal tauchte unter, versteckte sich über zwei Jahre lang in einem Berliner Schrebergarten – und überlebte den Todesterror.

Eiserner Willen zur Leichtigkeit

Rosenthal blieb ein politischer Mensch, engagierte sich unter anderem im Zentralrat der Juden. Doch das war in seinen Sendungen nie zu sehen. Die waren vom eisernen Willen des Moderators zur Leichtigkeit geprägt. Schnellzeichner. Dalli-Klick, bei dem ein berühmtes Gebäude verdeckt und nach und nach freigelegt wurden. All das sorgte für einen sorgenfreien Donnerstagabend.

Es gab schon mehrere Versuche „Dalli Dalli“ wieder zu beleben. Mitte der 90er als Nachmittagsshow mit Andreas Türck und zwischen 2011 und 2013 im NDR mit Kai Pflaume. Doch die Show war und lebte von dem Menschen, der sie 153 mal moderierte, bevor er 1987 an Krebs starb – und ein bisschen lebte die Show auch von einer Zeit, die man Jüngeren heute erklären muss.

Peter Alexander rausgeschnitten

An diese Zeit knüpft das ZDF nun an: Am 13. Mai jährt sich die erste Folge zum 50. Mal. Am Samstag, 15. Mai, feiert Johannes B. Kerner die Kultshow mit einer eigenen großen Abendshow. Unter den Gästen Kerners sind welche, die im Original zu sehen waren. Auch sollen die alten Spiele neu belebt werden. Die Jury um Rosi Mittermaier und Christian Neureuther ist ebenfalls dabei.

Zudem zeigt das ZDF alte Folgen: In der Nacht vom 7. auf den 8. Mai sowie vom 14. auf dem 15. Mai laufen die erste Folge „Dalli Dalli“ und Folge 105 mit Uschi Glas und Tony Marshall, Sepp Maier und Herbert Prikopa aus dem Jahr 1981.

Ab dem 8. Mai sind in der Mediathek mehr alte Folgen zu sehen. Die demonstrieren allerdings auch, dass Wiederholungen zu zeigen für einen Sender nicht einfach bedeutet, auf Play zu drücken. Im Vorfeld müssen Rechte-Fragen geklärt werden. So wird zum Beispiel aus einer der Folgen ein Gesangsauftritt von Peter Alexander rausgeschnitten. Für die Wiederholungen hatte der Künstler keinen Vertrag unterschrieben. Denn Wiederholungen waren seinerzeit nicht vorgesehen. Aber das muss man den Jüngeren heutzutage erklären.