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Nachrichten überregional | Die Corona-Krise ist für viele Unternehmen eine große Herausforderung. Die Schaustellerbranche ist davon allerdings mit am schwersten betroffen, denn die letzten Einnahmen konnten Schausteller auf den Weihnachtsmärkten im vergangenen Jahr erzielen. Neben den tausenden Schaustellerbetrieben sind auch deutschlands Volksfeste in ihrer Existenz bedroht.


Forderungen der Schausteller

Daher macht der Deutsche Schausteller Bund e.V. in einem Forderungsschreiben darauf aufmerksam, dass die von Bund und Ländern in Aussicht gestellten Liquiditätshilfen dringend erforderlich sind und sofort umgesetzt werden müssen.

Die Schausteller fordern auch, der zuständigen Marktverwaltung nicht für jedes Fest eine schriftliche Bestätigung über den Ausfall vorlegen zu müssen. Aufgrund der aktuellen Situation fielen alle Feste aus, eine Bestätigung für jedes einzelne Fest sei also überflüssig. Es solle stattdessen ein Hinweis auf die diesbezüglichen Allgemeinverfügungen der Landesregierungen ausreichen. Genauso sei es auch bei den entsprechenden Anträge an das Finanzamt für die Aussetzung der Vorauszahlung der Einkommensteuer, beziehungsweise für die Stundung von Nachzahlungen.

Zudem müssen weiterhin die Beschickerverträge versendet werden, um vor allem den Banken belegen zu können, dass diese Betriebe regulär über Engagements verfügen. Diese Verträge können dann auch mit Vorbehaltsklauseln versehen sein, welche im Fall weitergehender Absagen eine Vertragsauflösung regeln.

Schaustellerbetriebe müssen differenziert betrachtet werden

Für diese Umsetzung ist es jedoch wichtig, die zahlreichen Schaustellerbetriebe nicht über einen Kamm zu scheren, denn es bestehen gravierende Unterschiede. Die Branche könne man in drei wesentliche Gruppen einteilen:

Gruppe 1:

Kleine Geschäfte, die entweder alleine, mit einem Ehepartner und maximal einem Angestellten betrieben werden. Es handelt sich dabei beispielsweise um den klassischen Ballwurf, das Fadenziehen, den Crêpe Stand und ähnliche. Mit ihrem Inventar kann diese Gruppe nur äußerst geringe Sicherheiten bieten. Die derzeitige Situation ermöglicht auch keinen Handelsmarkt, um derartige Geschäfte und Ausstattungen zur Rettung der wirtschaftlichen Existenz der Familie verkaufen zu können.

Die Schausteller sind daher auf schnelle und unbürokratische Hilfe angewiesen.
Auch Darlehen sind zwar eine Unterstützung, doch in der momentanen Notsituation werden Möglichkeiten zur Existenz- und Grundsicherung der Familien benötigt.


 


Gruppe 2:

Zu der zweiten Gruppe gehören mittelgroße Betriebe mit einem Personalbestand von bis zu zehn Personen. Sie bewegen größere Geschäfte mit teilweise aufwändiger Technik, wie beispielsweise Imbiss- und Ausschankbetriebe mit Bier- und Kaffeegärten, kleinere Fahr- und Laufgeschäfte.

Diese Schaustellerbetriebe haben einen deutlich höheren logistischen Aufwand. Sie besitzen einen Fuhrpark, haben einen hohen Materialeinsatz und sind von ihrem Personal abhängig.
Diesen Familien ist nur mit einer Grundsicherung nicht geholfen, denn sie müssen umgehend finanzielle Mittel erhalten, um ihre betrieblichen Verbindlichkeiten erfüllen zu können.

Gruppe 3:

Zu der dritten Gruppe gehören große Fahrgeschäfte wie Achterbahnen, Riesenräder, Wasserbahnen und ähnliche. Allein der Transport dieser Fahrgeschäfte kostet mehrere Tausend Euro, bevor das erste Geld dann überhaupt verdient werden kann.
Ohne Stammpersonal ist der fachgerechte Aufbau dieser Anlagen nicht möglich. Zudem erfordert das auch einen großen Spezial-Fuhrpark und einen festen Bestand von Fahrern.

Hier fallen zusätzliche Kosten für beispielsweise Versicherungen, Treibstoff, technische Überprüfung, Wartung und Instandsetzung an. Diese Fahrgeschäfte machen jede Kirmes und jedes Volksfest aus, ohne sie wäre es nicht das Gleiche. Sie haben einen hohen finanziellen Bedarf, doch die meisten dieser Betriebe sind nicht in bestehende Ratingsysteme einzuordnen. Trotzdem benötigen sie umgehend finanzielle Unterstützung.



Schaustellerbetriebe haben besondere Voraussetzungen

Schaustellerbetriebe haben keine Struktur, wie sie größere Unternehmen oder Konzerne haben. Oftmals handelt es sich um kleine Familienbetriebe, deren administrative Arbeit meist in den eigenen vier Wänden oder im Wohnwagen erfolgt.

Eine 1200-jährige Kultur steht auf dem Spiel

Für alle Familienbetriebe der Schaustellerbranche gilt, dass sie ausschließlich auf Volksfesten und Weihnachtsmärkten ihr Geld verdienen können. Jedoch werden Volksfeste aber auch nur durch sie möglich. Wenn also keine Schaustellerbetriebe mehr existieren, wird es auch keine Volksfeste mehr geben. Damit steht eine Kultur auf dem Spiel, die in der Zwischenzeit rund 1.200 Jahre alt ist.

Feste müssen wieder möglich werden

Nach der Normalisierung der Verhältnisse muss es für die Schausteller unbedingt wieder möglich sein, die Feste beschicken zu können, denn sie müssen Geld verdienen. Aber auch die Bevölkerung wird sich nach Monaten der Krise, der Einschränkung sozialer Kontakte, der Verängstigung und Isolation ein Signal der Rückkehr zur Normalität wünschen.

„Die Menschen wollen wieder unbeschwert lachen, wollen fröhlich und zuversichtlich sein, wieder gemeinsam Zeit verbringen. Kein Ort ist dafür besser geeignet als eine bunte Kirmes, ein Volksfest oder ein Jahrmarkt!“, schreibt der Deutsche Schaustellerverbund abschließend.