Unsere Versorgung des täglichen Lebens lastet aktuell zum Großteil auf unseren LKW-Fahrern. Sie fahren täglich unsere Lebensmittel, Hygieneartikel und vieles mehr. Doch nun droht ein ganzes Logistiksystem zu zerbrechen. Die Versorgung und Hygienemöglichkeiten der Trucker ist so gut wie auf Null gesetzt. Durch das Corona-Kontaktverbot in allen Bundesländern müssen nun die Rast,- und Autohofanlagen schließen. Dabei treffen die Schließungen Lkw-Fahrer und Betreiber besonders hart. Gastronomiebetriebe dürfen nach der aktuellen Maßnahme nicht mehr öffnen.

 


Wenn Raststätten schließen, fallen auch Duschen und Toiletten für LKW Fahrer zum Großteil weg. Das wiederum bedroht unsere Grundversorgung enorm. Keine Toiletten und geschlossene Raststätten. So sieht momentan der Alltag der LKW Fahrer aus. Einige Trucker konnten in Gewerbegebieten noch bei einigen Lokalitäten auf die Toiletten, diese fallen nun aber auch weg. Überall sieht man überfüllte Parkplätze ohne Grundversorgung. Selbst mobile Dixie oder Toi Toi Anlagen sind teilweise völlig verdreckt und überfüllt. Andere sind komplett verschlossen und nicht mehr nutzbar.

Bald sind fast alle Rastanlagen zu

Rund jede zweite Rastanlage oder Autohof ist mittlerweile geschlossen. Einige Betreiber der Anlagen gehen davon aus, dass zum kommenden Wochenende fast jede Raststätte geschlossen sein wird. Denn die Betreiber sind aufgrund der neuen Verordnung wirtschaftlich am Ende. Ihnen ist es nicht mehr möglich die Anlagen zu öffnen und das führt zu enormen Problemen sowohl für die LKW-Fahrer als auch für die Betreiber und die Angestellten.

Nicht zuletzt würde der Zusammenbruch die gesamte Bevölkerung treffen. Denn die Versorgung mit lebenswichtigen Waren und Lebensmitteln könnte weitestgehend mit enormen Problemen verbunden sein in Zukunft. Lebensmittelgeschäfte und Drogerien würden keine oder kaum noch Ware angeliefert bekommen.

Die Situation ist verheerend

Unsere Redaktion hat mit mehreren Tank- und Raststättenbetreibern gesprochen. Alle berichten das gleiche: Die Situation ist verheerend. Das Problem sei, dass bei vielen Raststätten der Gastronomiebereich getrennt von der Tankstelle geführt wird. Die Sanitäranlagen hängen in den meisten Fällen an der Gastronomie.

Da diese jedoch zur Zeit geschlossen sind, haben die Fernfahrer keine Möglichkeit, die Sanitäranlagen zu nutzen oder eine warme Mahlzeit zu bekommen. Auch externe Dusch sowie WC Anlagen werden immer häufiger geschlossen. Die Betreiber sind wirtschaftlich jetzt schon fast am Ende. Personal in Kurzarbeit und es kommt kaum noch Umsatz rein.



Tank und Rastanlagenbetreiber zu dem Thema

Boost your City hat mit einem Betreiber telefoniert: „In sogenannten Kompaktanlagen, bei denen die Gastronomie nicht vom Tankstellenbereich getrennt ist, ist es etwas einfacher. Hier sind sowieso Mitarbeiter für die Tankstellen vor Ort. Somit kann den LKW Fahrern auch das Nutzen der Sanitäranlagen ermöglicht werden.“

„Trotzdem haben auch diese Raststätten natürlich enorme Umsatzeinbußen im Gastronomiebereich von rund 80 Prozent. Das kommt beispielsweise daher, dass viele umliegende Firmen geschlossen sind und deren Mitarbeiter nicht mehr zum Essen kommen. Abgesehen von den Truckern, die sich ihr essen noch ‚To Go‘ abholen, da das Essen in der Raststätte untersagt ist, kommen nur sehr vereinzelt Gäste, die sich hier etwas zu Essen holen“, berichtet man uns weiter.

LKW Fahrer zu der aktuellen Situation

„Den Gastrobereich brauch ich nicht. Da gehe ich sonst im Jahr so gut wie nie hin, dann muss ich das jetzt auch nicht. Den Sanitärbereich inklusive Duschen aber sehr wohl…“, berichtet Boost your City ein LKW Fahrer.

„An der Rastanlage Lipperland Nord gibt es keine Möglichkeit zum Duschen! Nur in der Tankstelle stehen die Toiletten zur Verfügung.“, schreibt uns ein weiterer LKW Fahrer.

„Die Hilfsbereitschat einiger Bürger ist toll. Sie bringen Getränke und Essen auf die Parkplätze.“, berichtet uns eine Truckerin.

„Ich bin Trucker mit dem ganzen Herzen und aus Leidenschaft. Ohne diese Leidenschaft hätte ich den Job in der jetzigen Situation schon an den Nagel gehängt. Die BAG kontrolliert mehr wie je zuvor. Parkplätze sind überfüllt und Sanitäre Anlagen sind geschlossen. Ich kann mich weder Duschen noch auf eine Toilette gehen ohne lange Fahrtzeiten um eine zu finden. Dieses geht natürlich alles an meiner Lenkzeit ab. Einige Rastanlagen haben Mobile Toiletten aufgestellt, aber da kann man nicht drauf gehen da diese verschlossen sind teilweise oder außer Betrieb. Wenn das so weiter geht dann werden einige Trucker ihren LKW stehen lassen.“, schreibt uns der LKW Fahrer Lorenz Frick.

Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) ist eine selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Das BAG nimmt Aufgaben rund um den Güterkraftverkehr wahr. Dazu gehören Straßenkontrollen und Aufgaben im Zusammenhang mit der streckenbezogenen LKW-Maut.

Angehörige helfen teilweise aus

Derzeit fahren teilweise Familienmitglieder der Trucker die Parkplätze an, um die Fahrer mit frischen Lebensmitteln und neuem Frischwasser zu versorgen. Wenn die Autohöfe zu sind, gibt es kaum Zapfstellen für die Frischwassertanks der Trucker. Diese Tanks werden hauptsächlich für die Hygiene genutzt. Dabei nehmen sie Strecken von Hunderten von Kilometern auf sich, damit die Ehemänner oder Väter eine ausreichende Versorgung haben.

Denn in einem ist sich ein Großteil der Trucker sicher: Sie wollen weiter fahren, um die Bevölkerung mit lebenswichtigen Waren zu versorgen.

Auch untereinander helfen die Fernfahrer sich. Intern tauschen sie sich mittels Messenger Diensten über zur Verfügung stehende Duschplätze sowie Toiletten aus. Sie treffen sich außerdem auf Parkplätzen, wo sie sich selbst das Essen zubereiten und Essensausgaben organisieren.

Dr. Joe Weingarten fordert schnelle Hilfe

Der Abgeordnete der SPD im Deutschen Bundestag fordert in der Corona-Krise alles zu erhalten, was für die Grundversorgung der Menschen systemrelevant ist. Dazu gehört die Versorgung mit Waren, die zu einem großen und nicht verzichtbaren Teil über LKW erfolgt. Doch die Fernfahrerinnen und Fernfahrer sind auf besondere Weise – von der medizinisch notwendigen – vorläufigen Schließung der Gastronomie betroffen.

Mit der angeordneten Schließung der Raststättengastronomie, sind, je nach räumlicher Situation, schon jetzt auch Toiletten und Sanitäranlagen betroffen. In vielen anderen Fällen droht in kurzer Zeit eine Schließung der kompletten Tankstelle, weil das Offenhalten für den Betreiber wirtschaftlich nicht mehr rentabel ist, da mit der Gastronomie einer der Haupterlöse wegfällt. Würden aber, etwa an den Bundesautobahnen, die Tankstellen geschlossen, ist unsere Lieferinfrastruktur bedroht.



Staatliche Kredithilfen reichen nicht aus

In Telefongesprächen haben Dr. Joe Weingarten betroffene Tank- und Raststättenbetreiber die Situation geschildert. Das politisch beschlossene Paket an staatlichen Kredithilfen wird an dieser Stelle nicht ausreichen. Denn die Kredite müssen zurückgezahlt werden, auch wenn mittelfristig die Einnahmen eingeschränkt sind. Die Betreiber brauchen direkte, unbürokratische Hilfen durch Direktzahlungen, um die Öffnung von Tankstellen, Toiletten und Sanitäranlagen sicherstellen zu können.

Direkte Hilfen für Tank- und Raststättenbetreiber

Aus diesem Grund hat Weingarten den Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und den Landesverkehrsminister Dr. Volker Wissing an diesem Montag angeschrieben. In dem Schreiben bittet er beide, sich für entsprechende direkte Hilfen an die Tank- und Raststättenbetreiber einzusetzen, damit diese für die Grundversorgung wichtiger Einrichtungen geöffnet bleiben können.

Das bayerische Staatsministerium zu der Situation

Am 23. März teilte das Bayrische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr mit, dass alle Gaststätten in Bayern auf ein reines Abhol- und Lieferangebot umgestellt haben. Für Kraftfahrer sei das eine besondere Herausforderung, vor allem im Grenzverkehr.

Die Bayrische Staatsregierung hat daher gemeinsam mit den Raststätten-Unternehmen Autobahn Tank & Rast eine schnelle Lösung zur Versorgung der Kraftfahrer eingerichtet. An den Tankstellen sollen to-go-Angebote mit warmen und kalten Snacks die Versorgung der Fahrerinnen und Fahrer ab dem 23. März sicherstellen. Das Staatsministerium steht zudem in engem Austausch mit dem Verkehrsministerium.

Kerstin Schreyer zu der aktuellen Situation

In der Mitteilung des bayrischen Staatsministeriums wird Bayerns Verkehsministerin Kerstin Schreyer zitiert: „In der aktuellen Situation leisten die Lastwagenfahrerinnen und -fahrer einen unglaublichen Job. Sie stellen trotz aller Widrigkeiten sicher, dass wir mit Lebensmitteln und den wichtigsten Gütern des täglichen Bedarfs versorgt werden. Das geht nur, wenn sie auch selbst gut versorgt werden.“

Die Versorgung auf den Raststätten der Autobahn Tank und Rast GmbH wurden pragmatisch sichergestellt. „Wir tun alles dafür, dass die Fahrerinnen und Fahrer gute Arbeitsbedingungen haben“, so Schreyer. „Wir sind mehr denn je auf die hervorragende Arbeit dieser Berufsgruppe angewiesen und wollen sie dabei so gut wie möglich unterstützen“

Das Problem fehlender Sanitäranlagen besteht weiterhin

Damit ist das kleinere Problem der Trucker weitestgehend behoben. Das wesentliche Problem jedoch, das in Form fehlender Sanitäranlagen besteht, ist damit nicht gelöst. Hier muss die Politik sich schnellstens eine Lösung überlegen, um den Fernfahrerinnen und Fernfahrern zumutbare Arbeitsbedingungen zu schaffen.