Saarbrücken. Die ehemalige saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer hat angekündigt, den Bundesvorsitz der CDU noch in diesem Jahr abgeben zu wollen. Auch strebe sie nicht mehr die Kanzlerschaft an. Es ist die Geschichte eines persönlichen Scheiterns – aber auch eine der anstehenden Krise der CDU.

Eines kann und konnten politische Beobachter Annegret Kramp-Karrenbauer nie vorwerfen: Dass sie am Status Quo klebt. Das hat sie schon im Saarland bewiesen. Im Mai 2011 hatte sie das Amt des saarländischen Ministerpräsidenten während der Wahlperiode von Peter Müller (CDU) übernommen. Mit der FDP und den Grünen hatte sie auch zwei willige Koalitionspartner geerbt.

Willig, aber auch krisengeschüttelt. Vor allem die Saar-FDP war eine Mischung aus permanenter Amigo-Affäre und Bauerntheater. Kramp-Karrenbauer selbst hatte noch schlechte Bekanntheits- und Beliebtheitswerte. In den Umfragen lag die CDU deutlich hinter der SPD. Doch sie ging ins Risiko und beendete die Jamaika-Koalition. Der FDP sprach sie die Regierungsfähigkeit ab. Um die Demütigung zu vollenden, tat sie das am 6. Januar – dem Nationalfeiertag der Liberalen.

Die Bürger gaben AKK recht, wie die Frau mit dem schweren Nachnamen gerne abgekürzt wird: Die FDP landete bei der Neuwahl noch hinter der Familienpartei und flog aus dem Landtag. Die CDU drehte den Rückstand um und gewann mit fünf Prozentpunkten vor der SPD. Es war der erste Meilenstein in Kramp-Karrenbauers Karriere.

Kramp-Karrenbauer beendete den Schulz-Hype

Die nächste Saarland-Wahl – von den Stimmenzahlen her eine bessere bayerische Landratswahl – machte AKK zur bundesweiten Hoffnungsträgerin. Es war das Frühjahr 2017 – und Deutschland im Schulz-Hype. Medien feierten den Buchhändler aus Würselen als neuen Polit-Messias, der stieg in den Umfragen, worauf die Medien noch mehr hypten – das ganze Land war sich sicher, dass Schulz der neue Kanzler wird.

Doch es war nicht das ganze Land, sondern der überschaubare Abschnitt zwischen Reichstag und Schiffbauerdamm. Im Saarland scheiterte die CDU. Annegret Kramp-Karrenbauer bescherte der Partei einen Stimmenzuwachs von fünf Prozentpunkten. Der Schulz-Zug war gegen die Wand gefahren. Der Hype beendet. Und AKK galt als potentielle Nachfolgerin von Angela Merkel.

Nun hat Kramp-Karrenbauer den Verzicht auf Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur erklärt. Beides gehöre zusammen, sagt sie laut übereinstimmenden Presseberichten. Und das, obwohl ihr Name seit dem Dezember für eine Trennung von beidem steht. Dieser Widerspruch zeigt, dass die CDU seit knapp anderthalb Jahren eine Notlösung lebt. Der Wechsel an der Parteispitze war notwendig geworden, um nach krachend verlorenen Landtagswahlen den Druck von Merkel zu nehmen – und so ihre Kanzlerschaft zu verlängern. Wenigstens für drei Jahre.

Kramp-Karrenbauer hat Fehler gemacht: Ein tolpatschiger Auftritt auf einer Faasend-Sitzung. Politische Initiativen, die nicht abgestimmt und somit chancenlos waren. Doch AKK ist nicht an diesen Fehlern gescheitert, sondern an der Prämisse ihres Vorsitz: Die Kanzlerschaft von Merkel verlängern zu sollen.

Schutzschild für die Kanzlerin

Die Kanzlerin hat sich in den letzten anderthalb Jahren hinter Kramp-Karrenbauer ausgeruht. Für das Negative schickte Merkel die Saarländerin vor. Das führte zwischenzeitlich zu einer absurden medialen Abwesenheit der Regierungschefin. Statt AKK ein dankbares Amt wie das Wirtschaftsressort zu geben, überließ die Kanzlerin ihr das Verteidigungsministerium. Das Trümmerfeld, das Ursula von der Leyen hinterlassen hat.

Schon vor einem Jahr hat sich abgezeichnet, dass AfD und Linke in Thüringen eine Sperrmehrheit erreichen. Damit stand die Frage im Raum, ob sich die CDU zu einer Zusammenarbeit mit den Linken entschließt. AKK hat das Jahr effektiv genutzt, um die unangenehme Entscheidung ein Jahr lang immer wieder zu verschieben – bis letztlich ein Ministerpräsident mit den Stimmen der AfD gewählt war.

Ob Kramp-Karrenbauer die Entscheidung in Thüringen nicht herbeiführen konnte oder wollte? Eine Frage für ihre Biographen. Merkel hat ihr vorgemacht, wie frau so ein Thema abräumt – und dass frau es abräumen muss. Mit dem Schritt hat sie allerdings auch bewiesen, dass Kanzlerschaft und Parteivorsitz weiter in einer Hand sind – und AKK nur eine bessere Statthalterin.

Der Rücktritt nun ist die einzige Chance für Kramp-Karrenbauer, ihr Gesicht zu wahren. Das macht sie mit der ihr eigenen Konsequenz. Jetzt bleibt ihr, den Wust an Beraterverträgen im Verteidigungsministerium zu zerschlagen und der Frage nachzugehen, warum ein Staat permanent horrende Summen für nicht funktionierende Waffen zahlt.

Spannend ist nun die Frage, ob die Niederlagenserie der CDU abreißt, die schon zwei Jahre dauert. Und wer unter Merkel Parteivorsitzende wird. Also wer sich jetzt vor die Kanzlerin stellt, damit ihre Niederlagen nichts mit ihr zu tun haben.