Zugegeben. Ein diplomatisch geschickter Politiker war Karl Lauterbach noch nie. Aber er hat dieses mal den Finger in die richtige Wunde gelegt: Die Kanzlerin und die Regierungschefs haben an diesem Mittwoch harte Eingriffe beschlossen. Aber die werden wirkungslos bleiben, wenn nachweisliche Infektionsherde nicht entschlossen beseitigt werden.


Lauterbach hat gefordert, auch private Feiern müssten kontrolliert werden. Einige wollen das grundsätzlich nicht. Das ist ok. Andere haben ihn bewusst falsch verstehen wollen. Dabei geht es ihm nicht um aus dem Ruder gelaufene Spieleabende. Es geht um Feiern, die mehr Besucher haben als viele Konzerte.

Solche privaten Veranstaltungen haben nachweislich dazu beigetragen, dass die Corona-Zahlen wieder dramatisch gestiegen sind. Das ländliche Bitburg-Prüm zum Beispiel ist so zu einem der bundesweiten Hotspots geworden.

Wenn wir diese „Hochzeiten“, „Festveranstaltungen“ und „gastronomische Großereignisse mit privatem Hintergrund“ nicht in den Griff kriegen, sind alle Corona-Bemühungen umsonst. Dann bleibt wirklich nur noch ein harter Lockdown, denn dann haben sich diese Feste auch erledigt.

Gottesdienste ausgespart

Die Schritte der Bundesregierung und Länderregierungen schrittweise von der Bild verkünden zu lassen, war eine Kommunikationspanne. Ärgerlich. Aber da redet morgen keiner mehr drüber. Doch die Beschlüsse haben einen Konstruktionsfehler: Sie sparen Bereiche aus, in denen es nachweislich intensiv zur Ausbreitung des Virus gekommen ist.

Das sind zum einen die privaten Feiern. Einer Aussage zu deren konsequent überwachtem Verbot ist die Kanzlerin mit dem wachsweichen Wort „inakzeptabel“ ausgewichen. Zum anderen sind es die Gottesdienste. Diese gehörten nach der Lockerung der Maßnahmen im Mai zu den ersten Veranstaltungen, die für Corona-Rückschläge gesorgt haben. Gottesdienste weiter zu erlauben, ist nicht nachvollziehbar, wenn die Eindämmung des Virus derzeit oberste Priorität hat.

Die Religionsfreiheit ist von der Verfassung geschützt, begründet die Kanzlerin dieses Aussparen. Doch da bleiben Widersprüche: War die Religionsfreiheit im März nicht geschützt, als Gottesdienste untersagt wurden? Ist die Freiheit der Kultur nicht geschützt, wenn diese nun verboten werden können?

Karl Lauterbach ist nicht der erfolgreichste Politiker. Auch weil er den Finger mitunter in Wunden legt. Doch diese Wunde könnte nach dem November noch richtig brennen, wenn einige Menschen große Opfer gebracht haben werden – und sich die Lage nicht entspannt hat, weil andere Gruppen geschont wurden.