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Kommentar der Sportredaktion: Was war das am Dienstag (20.06.2023) mal wieder für eine bedauernswerte Vorstellung der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Seit fünf Jahren denkt man nun, es kann nicht schlimmer werden und dann kommt die nächste Länderspiel-Pause und man wird immer wieder eines Besseren belehrt.

Der Status Quo der Nationalmannschaft

Was unter Jogi Löw schon schlecht war, wurde unter Hansi Flick nun nicht verbessert, wenn nicht sogar verschlechtert. Die Nationalmannschaft befindet sich nach den jüngsten Spielen in einer Abwärtsspirale, die nicht mehr zu enden scheint. Innerhalb der letzten Wochen spielte man 3:3 gegen die Ukraine, verlor 0:1 in Polen und nun 0:2 gegen Kolumbien. Ich möchte an dieser Stelle gar nicht näher auf das letzte Spiel gegen Kolumbien im Einzelnen eingehen, es reicht schon zu sagen, dass man auf den ersten deutschen Torschuss bis zur 45. Spielminute warten musste.

Mittlerweile ist man auf Platz 14 der Weltrangliste abgestürzt. Die oben genannten Gegner der letzten drei Spiele befinden sich übrigens auf den Plätzen 30, 23 und 17. Seit 2020 hat die Deutsche Fußballelf aus 41 Spielen ganze 19 Siege geholt. Hier ist dazu zu sagen, dass der Großteil dieser Siege gegen Fußballgroßmächte wie Lettland, Rumänien, Liechtenstein oder Armenien geholt wurde. Spaß beiseite, die aktuelle Lage der Nationalmannschaft ist bedenklich.

Woran liegt es?

Auf der Suche nach Gründen gibt es drei Faktoren, die man sich genauer anschauen sollte.

Die Spieler: Wenn man sich das Spielermaterial anschaut, sollte man rein nominell absolut in der Lage sein, so gut wie jeden Gegner zu schlagen. Mit İlkay Gündoğan war ein Spieler als Kapitän auf dem Platz, der vor kurzem, als Spielführer der aktuell besten Vereinsmannschaft der Welt, die Premier League, den englischen Pokal sowie die Champions League gewonnen hat. Mit Marc-André ter Stegen hat man den besten Torhüter der vergangenen Saison in der spanischen Liga als Rückhalt und mit Jamal Musiala eines der vielversprechendsten Talente Europas im Mittelfeld. Auch Emre Can, Leon Goretzka, Leroy Sané oder Antonio Rüdiger haben mit ihren jeweiligen Vereinen schon alle möglichen Titel gewonnen. Natürlich gibt es die allseits bekannten Problempositionen, wie die Neuner-Position, allerdings ist diese sicher nicht dafür verantwortlich, dass man in den letzten vier Spielen neun Gegentore kassiert hat. Wenn man sich das alles vor Augen führt, merkt man schnell, dass die spielerische Qualität in der Nationalmannschaft auf dem Papier definitiv zur erweiterten europäischen Spitze gehört.

Der Trainer: Diese theoretische Qualität vom Papier auch auf den Platz zu bringen, ist die Aufgabe von Hans-Dieter Flick. Der Trainer ist nach dem traurigen Schauspiel im Spiel gegen Kolumbien nun der zweitschlechteste Trainer der Nationalmannschaftsgeschichte. In 24 gespielten Partien hat er einen Punkteschnitt von 1,79 Punkten. Eine schlechtere Statistik hat nur Erich Ribbeck, welcher in 24 Spielen zwischen 1998 und 2000 nur durchschnittlich 1,5 Punkte sammelte. Dass man sich dann nach jedem weiteren Trauerspiel vor die Kamera stellt und versucht, den Journalisten irgendwelche Fortschritte zu zeigen, die man erkannt hat, um dann das nächste Spiel wieder chancenlos gegen ein Fußball-Entwicklungsland zu verlieren, ergänzt das ganze Bild abschließend.

Lothar Matthäus brachte es nach dem Spiel im Interview mit RTL gut auf den Punkt, als er sagte: „Es war eine lange Saison, aber die hatten die Kolumbianer auch. Das ist eine Sache des Kopfes, der Einstellung. Und fehlender Sicherheit. Es gab viele Wechsel, viele Systemwechsel. Wie soll die Mannschaft da Sicherheit bekommen!? Auch vor der WM war das schon so. Flick wollte jetzt scheinbar einiges ausprobieren – aber das ist gründlich in die Hose gegangen.“

Der Vorstand: Dass Rudi Völler sicher endlose Verdienste rund um den deutschen Fußball hat und wir ihm viel zu verdanken haben, wenn es um den Nationalmannschaftsfußball in Deutschland geht, steht außer Frage. Ob er die richtige Person ist, um nun die Kehrtwende in der deutschen Nationalmannschaft anzuführen, kann man durchaus hinterfragen. Es waren nicht wenige, die sich bei der Frage nach einem neuen Sportdirektor für das DFB-Team eher frischen Wind wünschten und Namen wie Per Mertesacker oder Philipp Lahm in den Topf warfen. Es war jedoch wenig überraschend, als Rudi Völler ernannt wurde, da doch die sogenannte „Task-Force“ zur EM 2024 den Vorschlag zu seiner Ernennung machte – der Rudi Völler angehört. Diese Task-Force wäre schon einen eigenen Artikel wert, da es durchaus interessant ist, wie sieben Männer ab 50 den Fußball der deutschen Nationalmannschaft wieder attraktiv für die Jugend machen sollen. Auch, dass Herr Völler nach dem Spiel am Abend im Interview mit RTL noch verkündete, dass in diesem Spiel einige dabei waren, „die wir im September nicht mehr sehen werden“ und „dass der eine oder andere bei allem Bemühen an seine Grenzen gekommen ist“, kann man durchaus als mutig betrachten, wenn man sich das oben bereits angesprochene Spielermaterial ansieht.

Fazit: Sicher gibt es neben diesen drei Faktoren noch unzählige weitere Dinge zu beleuchten, allerdings sollte man sich vorrangig darauf konzentrieren, einen Trainer zu finden, der es schafft, aus den größtenteils sehr guten Einzelspielern eine Mannschaft zu formen. Das ist eine Grundvoraussetzung, um die Nationalmannschaft bei den Deutschen wieder attraktiv zu machen. Sicher ist, dass Jürgen Klopp das definitiv schaffen würde, allerdings wird dieser mindestens die nächste Saison noch in Liverpool durchziehen, steht daher (zumindest bis nach der EM) nicht zur Verfügung. Die für mich optimale Option ist Julian Nagelsmann, der in Bayern eine tolle Arbeit geleistet hat – auch wenn das der Vorstand anders gesehen hat – und den bereits angesprochenen frischen Wind mitbringen würde.

Um das machen zu können, komme ich auf meine Ausgangsthese zurück: Hansi Flick sollte überlegen, ob es für seinen Ruf und sein Ansehen nicht besser ist, wenn er den Weg frei macht und als Trainer der Nationalmannschaft zurück tritt.