Bilder Chiara Forg5
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Nach Plänen des Mutterkonzerns Stellantis könnte das Opel-Werk in Rüsselsheim eigenständig werden. Das Unternehmen hofft auf eine flexiblere Produktion, Gewerkschaft und Betriebsrat befürchten einen Stellenabbau.


Eigenständige Gesellschaften unter dem Dach von Stellantis

Es ist mehr als 120 Jahre her, als Opel in der Stadt Rüsselsheim das erste Auto fertigte. Opel ist seither fest mit der Stadt verbunden. Doch dass Opel ein eigenes Werk am Stammsitz hat, könnte schon bald Geschichte sein. Denn der Autokonzern Stellantis erwägt, seiner deutschen Tochter Opel die Verantwortung über zwei wichtige Werke zu entziehen. Betroffen ist neben dem Werk in Rüsselsheim auch das in Eisenach. Für diese beiden Werke wird nach Angaben eines Sprechers von Stellantis geprüft, ob diese aus dem Opel-Verbund herausgelöst und zu eigenständigen Gesellschaften unter dem Dach von Stellantis gemacht werden können. Nach Aussage eines Stellantis-Sprechers sollen „die mit einer solchen effizienteren und flexibleren Produktionsorganisation verbundenen Vorteile langfristig dazu beitragen, Arbeitsplätze zu sichern“.

Der mögliche Plan sieht vor, die beiden Werke zu eigenen Rechts- und Produktionsorganisationen zu entwickeln. Künftig solle jedes Werk für alle Konzernmarken produzieren können. Dadurch wäre es also möglich, dass künftig in Rüsselsheim statt Opel vermehrt beispielsweise Fiats oder Peugeots vom Band laufen.

IG Metall kündigt Demonstrationen an

Damit käme auf die 2.200 Beschäftigten des Opel-Werks in Rüsselsheim eine Veränderung zu. Die Arbeitnehmervertretung reagiert heftig darauf. Sie spricht von Zerschlagung und kündigt Demonstrationen an. „Die IG Metall ist von den Absichten des Stellantis Konzerns Opel zerschlagen zu wollen, völlig überrascht worden und kritisiert das Ansinnen aufs Schärfste. Der Mutterkonzern von Opel gefährdet mit der geplanten Zerschlagung die gesamte Marke, Standorte und Beschäftigung sowie die Mitbestimmungsstrukturen. Das werden die Arbeitnehmervertreter nicht widerstandslos hinnehmen.“, heißt es in einer Mitteilung von IG Metall. Man wolle „im Rahmen des bezirksweiten Aktionstages am 29. Oktober auf die Straße gehen“.

Anstatt mit innovativen Antriebstechniken und Fahrzeugmodellen Schlagzeilen zu produzieren, sei der Automobilhersteller Opel erneut mit unausgegorenen Hinterzimmer-Entscheidungen in der Öffentlichkeit präsent, schreibt die IG Metall weiter. An einer vertrauensvollen Zusammenarbeit sei der Stellantis-Konzern und das Management offensichtlich nicht interessiert.

„Über die Medien angekündigte Kurzarbeit und die Gerüchte über die Zerschlagung von Opel führen erneut zu einer großen Verunsicherung in der Belegschaft und schaffen in der Produktion, der Entwicklung und in den Büros ein Klima von Angst um den Arbeitsplatz. Das werden die Beschäftigten nicht widerstandslos hinnehmen und im Rahmen des bezirksweiten Aktionstages am 29. Oktober auf die Straße gehen. Für die IG Metall und den Betriebsrat sind die Koordinaten klar umrissen: Keine Zerschlagung, Mitbestimmung und Sicherung der Arbeitsplätze an allen drei Opel-Standorten,“ betont Jörg Köhlinger, Leiter des IG Metall Bezirks Mitte.

Wie genau die Umbaupläne für Opel aussehen sollen, sei der IG Metall und den Betriebsräten nicht bekannt. Ob der neue Opel-Chef, Uwe Hochgeschurtz, und das Opel-Management an den aktuellen Überlegungen beteiligt waren, sei für die Arbeitnehmervertreter ebenfalls nicht ersichtlich.

„Versuch einer Flucht aus der Mitbestimmung“

Uwe Baum, Opel-Gesamtbetriebsratsvorsitzender, betont: „Was Opel hier angekündigt hat, folgt keiner wirtschaftlichen Logik. Es ist vielmehr der Versuch einer Flucht aus der Mitbestimmung. Die Zerschlagung dient einzig und allein dem Ziel, die erfolgreiche Mitbestimmung in Deutschland zu schwächen.“

Der langjährige Opel-Betriebsratschef Klaus Franz dazu

„Nach zehn Jahren Abschied von Opel schmerzt die Nachricht von der Zerstückelung des zweitältesten Automobilunternehmens zur Bedeutungslosigkeit immer noch“, sagt der ehemalige Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz. Und weiter: „Dieser von Anfang an vorbereiteten Strategie von Stellantis-Chef Carlos Tavares wurde vom Opel-Management und der Interessenvertretung zu wenig entgegengesetzt, teilweise wurde sie sogar bejubelt.“

Die jetzige Entwicklung sei spätestens mit der Fusion von PSA und Fiat-Chrysler Anfang 2021 zu erwarten gewesen. Nun schrumpfe das „einst stolze Unternehmen mit einer herausragenden Belegschaft“ zu einem reinen Markennamen. Die deutsche Gesetzgebung garantiere zwar für die betroffenen Beschäftigten die aktuellen Bedingungen für zumindest noch ein Jahr. „Aber was kommt dann?“, fragt Klaus Franz kritisch.