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Mehr Bedürftige, weniger Lebensmittel – über diese Entwicklung herrschte Konsens beim Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern der Tafeln und Brotkörbe im Landkreis. Zu diesem hatten Landrätin Dorothea Schäfer und die Kreisbeigeordnete Almut Schultheiß-Lehn in die Kreisverwaltung eingeladen. Das Ziel: sich über Probleme austauschen und gemeinsam Lösungsansätze entwickeln. Im Rahmen dessen appelliert die Landrätin auch an alle Bürgerinnen und Bürger.

Aus dem Gespräch ergeben sich für den Landkreis konkrete Ansätze:

Es gilt, eine Karte für den Landkreis zu erstellen, die eine Übersicht über bestehende Angebote sammelt. Auch die Lebensmittelmärkte sollen dafür sensibilisiert werden, die Organisationen bestmöglich mit Spenden zu unterstützen. Zudem soll die Ehrenamtskoordination in der Kreisverwaltung bei der Gewinnung von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern eingebunden werden. „Wir müssen nach und nach Zwischenschritte im Rahmen unserer Möglichkeiten gehen“, so die Kreisbeigeordnete Almut Schultheiß-Lehn.

Unter den Teilnehmenden waren Ansprechpartner der Caritas Ingelheim, Bingen und Mainz sowie der Oppenheimer Tafel. Ebenso nahmen Mitglieder der Kreistags-Fraktionen teil. Deutlich wurde, dass die Herausforderungen der einzelnen Träger vielfältig sind. Einigkeit herrschte aber in Bezug auf die Ausgangslage: Durch gestiegene Energiepreise, die Inflation, der Krieg in der Ukraine, aber auch die Corona-Situation suchen immer mehr Bürgerinnen und Bürger im Landkreis die Anlaufstellen auf. Die Gruppe der Berechtigten, die auf Unterstützung angewiesen sind, wächst – Tendenz weiter steigend. Das Angebot an Lebensmitteln ist demgegenüber aber nicht mehr geworden. „Pro Ausgabetag kommen etwa 100 bedürftige Personen zu uns, inzwischen auch einige Ukrainerinnen und Ukrainer. Gleichzeitig wird es derzeit schwieriger für uns, neue Märkte für Lebensmittelspenden zu akquirieren“, so Christiane Sieben vom Binger „Brotkorb“ des Caritas-Zentrums St. Elisabeth.

In Oppenheim hingegen sei vor allem mit Personalengpässen zu kämpfen – hier kommen an einem Ausgabetag rund 120 Bedürftige, die Lebensmittel benötigen

In erster Linie helfen dabei Ehrenamtliche aus, doch das sei zunehmend schwerer zu stemmen. Daher könne es zu einem Aufnahmestopp kommen. Ziel müsse es deshalb sein, Stabilität zu schaffen und das Ehrenamt weiter zu stärken. „Wir sehen derzeit in vielen Bereichen, wie herausfordernd es ist, Ehrenamtliche für verschiedenste Tätigkeiten zu finden. Aber wir müssen all unsere Anstrengungen tätigen, um das Ehrenamt wieder zu aktivieren“, so die Kreisbeigeordnete Schultheiß-Lehn. Daher die Überlegung über die Ehrenamtskoordination der Kreisverwaltung ehrenamtliche Helfende für die Tätigkeiten zu gewinnen.

„Lebensmittel retten – Tafeln helfen“ lautete eine weitere Kernaussage in der Runde: Hintergrund ist, dass in Deutschland jährlich rund elf Millionen Tonnen Lebensmittel entsorgt werden. Hier ist aus Sicht der Tafeln und Brotkörbe, die auf Lebensmittelspenden von Märkten und Logistikfirmen angewiesen sind, der Gesetzgeber gefordert. Im vergangenen Jahr hatte die Kreisverwaltung hierzu ein Schreiben an die Landesregierung gerichtet. Darin bat die Landrätin zu prüfen, ob es eine gesetzliche Regelung gegen Lebensmittelverschwendung geben könnte. In anderen Ländern wie etwa Frankreich und Italien ist das bereits der Fall.

Hierbei ergeben sich folgende Hindernisse:

Nach derzeitigem Recht ist nach Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums (MDH) nicht mehr der Hersteller, sondern der Händler für die Waren in der Haftung. Das kann sich negativ auf die Lebensmittelspenden durch den Handel auswirken. Die Landesregierung habe deshalb den Bund darum gebeten, zu prüfen, wie diese Regularien angepasst werden könnten. Dazu zählt auch die Frage, ob bei bestimmten Produkten das MDH grundsätzlich abgeschafft werden kann. Derzeit werden auf Bundesebene zudem Möglichkeiten besprochen, wie die Richtlinie zum „Containern“ – also dem Entnehmen von Lebensmitteln aus Mülltonnen – geändert werden könnte. Beim Austausch in der Kreisverwaltung appellierte die Landrätin in diesem Zusammenhang: „Die Ursachen der Lebensmittelverschwendung sind vielfältig. Gleichzeitig wissen wir, wie viele Menschen auf Unterstützung angewiesen sind. Wir alle sollten deshalb achtsamer mit Lebensmitteln umgehen und diese stärker wertschätzen“.

Da der Austauschbedarf nach wie vor hoch ist, ist bereits ein weiterer Termin in den nächsten Monaten angedacht.