Einweihung des Familie-Abraham-Platzes und der Gedenkstele | Foto: TPMedia

Die Ortsgemeinde erinnerte mit der Widmung des Platzes und einem Gedenkstein an die Gräueltaten bei den nationalsozialistischen Pogromen vor 85 Jahren und an das Schicksal und Leid der Familie Abraham, die einst hier wohnte und, rassistisch verfolgt, nach Übersee fliehen musste.

Viele Bürgerinnen und Bürger nahmen an der Einweihung des Platzes und der Stele teil, die vom Saxophon-Quartett des Musikvereins würdig umrahmt wurde

Ortsbürgermeisterin Ute Granold sprach davon, dass das Verbrechen der Novemberpogrome damals ein staatlich gelenktes Programm war. Jetzt, nach den 7. Oktober, sähen wir wieder ein Pogrom, diesmal in Israel, und auch bei uns wachsenden Antisemitismus. „Mehr denn je sind wir als Deutsche verpflichtet, jetzt an der Seite der Juden zu stehen, sie zu schützen, die Menschen, ihre Gemeinden und Einrichtungen. Antisemitismus ist in keiner Gestalt zu tolerieren – in KEINER“

Rabbi Vernikovsky von der jüdischen Kultusgemeinde aus Mainz wollte angesichts der Gedenkstele nicht von Dank, sondern vielmehr von Wertschätzung sprechen: für die Erinnerungsarbeit, die in Klein-Winternheim geleistet werde. Es sei der Versuch, eine Lehre aus der Geschichte zu ziehen. Was mit regionalem Blick in diesem Ort getan werde, müsse überall für alle Orte auf der Welt gelten, wo Juden leben. Er ging auch auf den Hamas-Terror in Israel ein: „Wenn wir in Deutschland sagen: Nie wieder, dann sagen wir Juden in Israel: Wir sorgen dafür, dass es nicht wieder geschieht!“ Das „Nie wieder“ in Deutschland müsse auch für Israel gelten. Und zu der Gedenkstele sagte er: „Die Stele erinnert an die Menschen, die nicht mehr hier leben, aber etwas ist hier.“

Landrätin Dorothea Schäfer dankte in ihrem Grußwort der Gemeinde dafür, dass sie ein Zeichen gesetzt habe

„Nie wieder“ dürfe es solches Leid geben. Sie mahnte auch, dass man heute die Jüngeren mitnehmen müsse, damit sie sich einsetzen für eine Gesellschaft, in der niemand bedroht wird.

Dekan Andreas Klodt vom evangelischen Dekanat forderte, auch Schuld zu benennen, denn damals habe es eine Zustimmungsdiktatur gegeben, die Allermeisten kamen mit den Geschehnissen zurecht oder profitierten. Wenn Jüdinnen und Juden heute in Deutschland wieder Angst hätten – nicht etwa gefühlte, sondern berechtigte Angst – dann gelte aus der Vergangenheit die Verpflichtung: Keiner dürfe mit Angst in unserem Land leben müssen.

Das griff Pfarrer Ulrich Dahmer von der hiesigen Evangelischen Kirchengemeinde auf:

Mehr denn je müsse sich jeder angesichts der aktuellen Entwicklung fragen: „Was kann ich tun?“ Man dürfe nicht schweigen angesichts des heutigen Antisemitismus, auch dem unter Migranten oder in linken Kreisen.

Pfarrer Michael Leja von der Katholischen Pfarrgruppe brachte dies in einem Gebet zum Ausdruck: „Allmächtiger Gott“, begann er, „Gib uns den Mut und die Courage dort einzutreten, wo die Würde von Menschen verletzt wurde und Hilf uns, wenn wir uns für soziale Gerechtigkeit, den Dialog und Frieden in allen Ländern der Welt einsetzen.“