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Nachrichten Mainz | In der letzten Zeit kam es in der Mainzer Innenstadt zu mehreren unangemeldeten Demonstrationen. Zudem kam es an diesem Samstag zu Konflikten am Staatstheater auf dem Gutenbergplatz. Grund dafür war, dass eine unangemeldete Versammlung dort abgehalten wurde, wo zum gleichen Zeitpunkt eine ordnungsgemäß angemeldete Versammlung stattfand. Daher wurde mehrfach die Räumung der Fläche durch die Polizei angemahnt und angeordnet.


Problematisch sind unangemeldete Versammlungen

„Als problematisch erwies sich im Nachgang zudem, das vor Ort kein erkennbarer Versammlungsleiter für die stattfindende Demonstration, zu der zuvor auf Messengerdiensten und im Netz aufgerufen wurde, auszumachen war, mit dem wir diese Situation hätten besprechen und klären können“, betont der Leiter des Rechts- und Ordnungsamtes, Ulrich Helleberg.

In den Gesprächen gehe es aber keiner Weise um eine Be- oder Einschränkung der Versammlungsfreiheit, sondern um deren Stärkung. Angemeldete Versammlungen stehen nämlich unter dem besonderen Schutz der Ordnungsbehörden. Beispielsweise wird darauf geachtet, dass störende Personen von der Versammlung ferngehalten werden und dass die Versammlung möglichst auf dem angemeldeten Platz zu der angemeldeten Uhrzeit durchgeführt werden kann. Um die Versammlungsfreiheit im öffentlichen Raum auch weiterhin zu ermöglichen, müsse man sich natürlich trotzdem an bestimmte Vorgaben halten.

Daher werde man in Mainz keine Veransammlungen mehr dulden, die ohne Einhaltung von gültigen Normen und ohne jede Vorabstimmung mit den Behörden stattfinden, betonte Helleberg.

Ordnungsdezernentin Manuela Matz dazu

„Bei offenkundiger und willentlicher Missachtung grundlegender Prinzipien des Versammlungsrechts und des derzeit geltenden Rechts auf Grund der Coronabekämpfungsverordnungen des Landes und selbst eingeräumten ,Rechten‘ oder der Missachtung elementarer Grundsätze werden die Behörden künftig vor Ort weniger duldsam agieren. Dabei wissen wir die Polizei an unserer Seite. Es mag vereinzelt auf Unkenntnis fußen, daher weisen wir gern nochmals auf die Grundzüge des Versammlungsrechtes – und deren Grenzen – hin. Wir informieren hierzu immer gern.“

Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut

Laut dem Artikel 8 des Grundgesetzes haben alle Deutschen das Recht, sich unangemeldet und ohne Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Dieses Gesetz kann für Versammlungen unter freiem Himmel beschränkt werden. Laut dem Bundesverfassungsgericht ist eine Versammlung eine „örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen Erörterung oder Kundgebung mit dem Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung“.

Das Versammlungsgesetz betrifft daher grundsätzlich alle Versammlungen unter freiem Himmel und „Aufzüge“, wie beispielsweise Demonstrationszüge.



Anmeldepflicht als zentrales Element

Die Anmeldepflicht ist dabei ein zentrales Element. Die Versammlung oder der Aufzug muss demnach bei den zuständigen Behörden angemeldet werden 48 Stunden bevor anderweitig dazu aufgerufen wird. In Mainz müssen die Versammlungen beim Standes-, Rechts- und Ordnungsamt angemeldet werden. Dabei müssen vor allem der Versammlungsort beziehungsweise die Aufzugstrecke und andere wichtige Eckpunkte mitgeteilt werden. Dabei muss auch schon der Versammlungsleiter oder die Versammlungsleiterin benannt werden, denn ohne eine Leitung darf keine Versammlung stattfinden. Nach vorheriger Genehmigung können auch ehrenamtliche Ordner bestimmt werden, um Auflagen zu überwachen und umzusetzen.

Die Versammlungsbehörde koordiniert dann mit der Polizei oder anderen zuständigen Behörden alle nötigen Maßnahmen zur Durchführung und zum Schutz der Versammlung. Bei Bedarf kann zuvor auch ein Kooperationsgespräch mit den Veranstaltern stattfinden.

Versammlungen im Einzelfall zulässig

Auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes und der aktuellen Corona-Bekämpfungsverordnung wird jedoch auch das Versammlungsrecht eingeschränkt.
Demnach sind Veranstaltungen, Versammlungen und Ansammlungen grundsätzlich verboten. Allerdings können Versammlungen unter freiem Himmel unter Auflagen von der Versammlungsbehörde genehmigt werden, sollte das infektionsschutzrechtlich vertretbar sein.

Im Einzelfall hängt diese Vertretbarkeit und die zulässige Teilnehmerzahl unter anderem von diesen Faktoren ab:

  • Versammlungsort
  • Wochentag
  • Uhrzeit
  • Art der Versammlung

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Als Auflagen werden hierbei regelmäßig unter anderem erlassen:

  • eine Begrenzung der Teilnehmerzahl
  • Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten
  • Maskenpflicht während der gesamten Versammlung
  • Personen mit Symptomen wie Husten, Fieber oder Atembeschwerden dürfen nicht an der Versammlung teilnehmen
  • Das Auslegen oder Verteilen von Informationsmaterial ist unzulässig
  • die Einhaltung der Auflagen ist durch die Versammlungsleitung zu überwachen.

„Zur Einhaltung solcher unabdingbarer Auflagen kommt jedoch der vorherigen Kommunikation mit dem Veranstalter oder Versammlungsleiter eine essentielle und unverzichtbare Bedeutung zu, damit diese Person die notwendigen Vorkehrungen treffen und kommunizieren kann, um die Durchführung der Versammlung im Einzelfall zu ermöglichen“, betont Helleberg.

Diese Schutzmaßnahmen wurden bei der unangemeldeten Versammlung am vergangenen Wochenende vollständig ignoriert. Da an Samstagen der Mainzer Wochenmarkt bekanntermaßen räumlich zur Einhaltung der notwendigen Corona-Schutzmaßnahmen erweitert wurde, sind absprachen bezüglich des Versammlungsortes besonders wichtig. Grundsätzlich seien nämlich Veransammlungen im Bereich von Wochenmarktflächen nicht gestattet und auch nicht möglich.



Spontanversammlungen von der Anmeldepflicht ausgenommen

Lediglich sogenannte „Spontanversammlungen“ sind von der oben beschriebenen Anmeldepflicht ausgenommen. Wie der Name schon sagt, handelt es sich dabei um spontane Versammlungen. Dies ist oft aus aktuellen Anlässen heraus der Fall, sodass keine Planung oder Vorbereitung möglich ist.

Bei Veranstaltungen, die vorher von den Initiatoren abgesprochen wurden aber bewusst nicht angemeldet wurden, handelt es sich nicht um Spontanversammlungen. Vielmehr handelt es sich dabei um vorgetäuschte Spontanaktionen, die als absichtlich nicht angemeldete Versammlung behandelt werden.

Ulrich Helleberg: „Um eine solche Versammlung handelte es sich zweifelsfrei auch bei der Aktion jener Personengruppen, die sich am Samstag, 09.05.2020 ab 15.00 Uhr auf dem Gutenbergplatz versammelt haben.“

Manuela Matz: „Es gibt in unserer demokratischen Verfassung vielfältige Möglichkeiten, mit Versammlungen eigene Sichtweisen mit Nachdruck zu vertreten. Dies begleiten und unterstützen wir stets gern, da das Versammlungsrecht eines der höchsten Güter in unserer Verfassung ist. Wir legen als Ordnungsbehörde – in enger Abstimmung mit der Polizei – aber auch klar dar, dass die Landeshauptstadt Mainz bewusst widerrechtliche Auslegungen der Versammlungsfreiheit dauerhaft nicht hinnehmen wird“