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Für jeden Obdachlosen gibt es ein Übernachtungsangebot. Zur Not in der Alten Ziegelei. Das hat die Stadt am Donnerstag auf Nachfrage von BYC-News mitgeteilt. Das rheinhessische Internetportal begleitete nun einen Obdachlosen, der am 1. April 2021 gegen 23.00 Uhr den Verein „Rheinhessenhilft“ angesprochen und um die Unterbringung in einer Unterkunft gebeten hat.


Fahrt zur Alten Ziegelei in Mainz-Bretzenheim

Marcio Demel, der Vereinsvorsitzende vom Verein #Rheinhessenhilft, rief auf die Bitte des Bedürftigen hin gegen 23:00 Uhr bei Behrouz Asadi, dem Leiter des Migrationsbüros Rheinland-Pfalz und Hessen und Leiter der Unterkunft an, um zu fragen, ob die Unterbringung des obdachlosen Mannes dort möglich sei. Behrouz Asadi hatte daraufhin mitgeteilt, dass dies möglich sei. Er teilte jedoch auch mit, dass Decken und Schlafsäcke nicht zur Verfügung stünden und deshalb mitgebracht werden müssen. Ein Mitarbeiter der Malteser Hilfswerke aus Wiesbaden würde zur Unterkunft kommen, um diese aufzuschließen, erklärte Asadi. Dieser sollte gegen 0:00 Uhr an der alten Ziegelei eintreffen. Zudem teilte Asadi mit, dass der Mitarbeiter dann auch dort übernachten müsse, um die Aufsicht zu übernehmen, weil der Obdachlose dann der einzige sei, der dort aktuell untergebracht sei.

Daraufhin packte der Obdachlose sein Hab und Gut zusammen und wurde corona-konform mit dem Kältebus zur Alten Ziegelei gebracht. BYC-News begleitete ihn dabei. Gegen 23:45 Uhr trafen wir vor Ort ein. Herr Malaki, vom Malteser Hilfswerk, kam wie angekündigt gegen 0:00 Uhr an der Alten Ziegelei an und sagte, dass er selbst nicht für die Aufsicht zuständig sei, da der Obdachlose entgegen der Aussage von Herr Asadi nicht der einzige Bewohner der Unterkunft sei. Er teilte weiter mit, dass die von der Stadt Mainz ausgewiesene Obdachlosenunterkunft eigentlich eine Unterkunft für Flüchtlinge sei. Auf Nachfrage von BYC-News, ob wir Bilder in der Unterkunft machen dürfen und die Unterbringung des Obdachlosen begleiten dürfen, stimmte Herr Malaki zu.

BYC-News sprach mit Herr Malaki vom Malteser Hilfswerk

Wir begleiteten Herr Malaki und den Obdachlosen daraufhin zur Unterkunft. Dort angekommen bat Herr Malaki darum, dass wir uns in der Unterkunft bitte ruhig verhalten, da dort noch mehrere Personen untergebracht seien. Im Gebäude bot sich dann ein schockierendes Bild: Die Wände waren stark verschmutzt, der Boden war klebrig. Möglichkeiten, sich die Hände zu desinfizieren, gab es dort nicht.

Auch sah es um die Einhaltung der Corona-Vorschriften nicht gut aus: Die an der Tür ausgewiesene Maskenpflicht wurde im Inneren der Unterkunft von den Bewohnern nicht eingehalten. BYC-News sprach Herr Malaki auf die Situation an, der daraufhin erklärte, dass es dort in den Abendstunden keinen Wachdienst gebe und sich die Bewohner deshalb auch ohne Maske frei bewegen und die Unterkunft auch verlassen könnten. In der Gemeinschaftsküche und auf den Fluren der Unterkunft befanden sich zu diesem Zeitpunkt mehrere Personen ohne Abstand und Mundschutz. Wir sprachen Herr Malaki auf die fehlenden Schutzmasken an. Er erklärte, dass am Eingang ein Zettel hängen würde, er selbst da auch nicht mehr tun könne, als auf diesen Zettel zu verweisen.

Keine Hygienemaßnahmen in der Unterkunft

Bei den aktuellen Verordnungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie kontrolliert die Stadt Hygienemaßnahmen streng. Jedoch scheint dies in den ausgewiesenen Unterkünften der Stadt nicht zu passieren. Ob die Bewohner der Unterkunft beim Verlassen des Gebäudes auf das Corona-Virus getestet werden, weiß Herr Malaki nach eigenen Angaben nicht. Auf die Frage, wie lange der Obdachlose dort bleiben könne, teilte er mit, dass dieser die Unterkunft bereits um 8:00 Uhr am Morgen wieder verlassen müsse und auch nicht wieder kommen dürfe. So sei die Regelung mit der Stadt Mainz.

Der Malteser-Mitarbeiter schloss im Anschluss Zimmer Nummer 15 für den Obdachlosen auf. In dem rund 6 Quadratmeter großen Zimmer befand sich ein Tisch, ein Stuhl, ein Kühlschrank sowie ein Gitterbett. Auch hier zeigte sich der miserable Zustand der Unterkunft. Der Boden und die Wände waren ebenfalls massiv verschmutzt, es lagen Essensreste im Raum und auf dem Tisch verteilt. Ob die Zimmer gereinigt werden, nachdem ein Bewohner ausgezogen ist, wisse Herr Malaki nicht, teilte er auf Nachfrage mit.

Verdreckte Wände in in der Unterkunft | Foto: BYC-News | Meikel Dachs

Bettzeug für den Obdachlosen

Dem Verein #Rheinhessenhilft war es in der Kürze der Zeit nicht möglich, Bettzeug für den Obdachlosen zu organisieren. Dies wurde Herr Malaki mitgeteilt. Die Frage: Ob in der Unterkunft nicht doch noch etwas auf Vorrat vorhanden sei? Nach kurzem Hin und Her holte Herr Malaki dann widerwillig einen Satz Bettzeug für den Obdachlosen.

Ein Redakteur von BYC-News hat sich im Anschluss noch kurze Zeit mit dem Obdachlosen im Zimmer unterhalten und gefragt, ob er wirklich dort bleiben möchte. Er sagte, ja er würde gerne die Nacht über dort bleiben. Hauptsache er sei in einer Unterkunft, auch wenn es auf der Straße sauberer sei. Er machte sich nach eigenen Angaben zwar Sorgen wegen der nicht eingehaltenen Hygienemaßnahmen in der Unterkunft, benötige aber einfach mal eine Nacht, die er nicht auf der Straße verbringe. Die Pandemie stelle Obdachlose vor große Probleme. Natürlich würde er deshalb auch gerne länger dort bleiben und das Zimmer auch sauber halten. Doch auch ihm wurde mitgeteilt, dass er die Unterkunft um 8:00 Uhr verlassen müsse und nicht zurück kommen dürfe.

Verdreckter Fußboden in in der Unterkunft | Foto: BYC-News | Meikel Dachs

Schroffe Reaktion von Herrn Asadi auf Rückfragen

Beim Verlassen der Unterkunft sprachen wir erneut mit Herrn Malaki und fragten nach, weshalb der Obdachlose dort nur eine Nacht bleiben darf. Er teilte daraufhin mit, dass es sich dabei um eine Absprache zwischen der Stadt Mainz und Herr Asadi handelt und wir für genauere Informationen bitte Herrn Asadi kontaktieren möchten. Wir riefen Herrn Asadi noch in der gleichen Nacht erneut an, da er uns zuvor angeboten hatte, erreichbar zu sein.

In einer telefonischen Konferenz zwischen Herrn Asadi, den Mitarbeitern des Kältebus und BYC-News, verwies Herr Asadi erneut auf die Vorgaben der Stadt Mainz, die angewiesen habe, diese lediglich für eine Nacht zur Verfügung zu stellen. Auch Herr Asadi hat nach eigener Aussage erst kurzfristig von der Stadtverwaltung die Information erhalten, dass die Alte Ziegelei nun auch für Obdachlose genutzt wird.

Wir wiesen ihn auf die Aussage der Stadt Mainz hin, dass die Unterkunft für Obdachlose zur Verfügung stehen solle und nicht mitgeteilt wurde, dass diese nur für eine Nacht gelten solle, worauf Herr Asadi sehr schroff reagierte. Er betonte, dass er nun gar nichts mehr sagen werde und alles mögliche tun wird, dass die Stadtverwaltung unsere Berichterstattung unterbinden wird. Auch über die Zustände in der Unterkunft wollte er nichts mehr sagen, das würde uns „nichts angehen“. Zudem erteilte er unserer Redaktion ein sofortiges Hausverbot und Drehverbot für das Gelände der Alten Ziegelei gegen 01:00 Uhr. Die Stadt würde gegenüber der Presse andere Dinge mitteilen, als das was zuvor mit ihm besprochen wurde. Auch er wäre von der Tatsache überrumpelt worden, dass er ab sofort auch Obdachlose aufnehmen solle. Wir fragten weiter nach, ob es denn tatsächlich auch möglich sei, Frauen dort unterzubringen. Daraufhin erklärte Herr Asadi, dass er davon nichts wisse, er dort aber auch nicht die entsprechenden Gegebenheiten sehe, um dies zu realisieren. Weitere Fragen wollte er dann nicht mehr beantworten.

Der Kältebus an der Einfahrt zur alten Ziegelei | Foto: BYC-News | Meikel Dachs

Erneuter Anruf von Herrn Asadi

Rund 15 Minuten nachdem das Telefongespräch beendet wurde, rief Herr Asadi beim Verein #Rheinhessenhilft an. BYC-News war auch beim Telefonat anwesend. Er verwies erneut darauf, dass man doch bitte beachten möchte, mit wem man es zu tun hat. Es sei eine Frechheit, dass die Presse mit dabei gewesen wäre. So etwas hätte man auch intern klären können, betonte Asadi. Sollte dies nicht intern möglich sein, würde er die Stadtspitze am Karfreitag kontaktieren und veranlassen, dass Obdachlose ausschließlich durch die Polizei und das Ordnungsamt zur Unterkunft gebracht werden dürfen. Er betonte erneut, dass er eigentlich nicht für die Aufnahme von Obdachlosen zuständig sei.

Anfrage bei Polizei und Ordnungsamt Mainz

Herr Malaki teilte zudem mit, dass Obdachlose ausschließlich von der Polizei oder dem Ordnungsamt zu der Unterkunft gebracht werden dürften. BYC-News hat daraufhin an diesem Freitagnachmittag (2. April 2021) gegen 17:30 Uhr bei der zuständigen Polizeidienststelle auf dem Lerchenberg nachgefragt, ob diese Regelung dort bekannt ist. Die Vorgesetzte wusste von dieser Regelung zunächst nichts, teilte aber mit, dass in diesem Fall originär das Ordnungsamt zuständig sei. Auf Nachfrage beim Ordnungsamt teilte man uns mit, dass das Ordnungsamt die Obdachlosen während der Kältewelle mehrfach in Unterkünfte gebracht hat. Jedoch sei auch dort nicht bekannt, dass dies aktuell ausschließlich durch die Polizei und das Ordnungsamt zu erfolgen hat.

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