Innenstadt Mainz
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„Die neue Landesregierung will zwar Vorreiter beim Klimaschutz sein, auf kommunaler Ebene ist die finanzielle und personelle Situation in puncto Klimaschutz jedoch verheerend“, so Hans-Georg Frischkorn von der Bürgerinitiative MainzZero, die sich für mehr Klimaschutz in der Stadt Mainz einsetzt.


In einem offenen Brief wendet sich die Bürgerinitiative MainzZero zusammen mit zahlreichen weiteren Verbänden aus Rheinland-Pfalz an Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Finanzministerin Doris Ahnen, Umweltministerin Anne Spiegel sowie Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt.

„Die furchtbaren Überschwemmungen in diesem Sommer in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen und Hitzewellen im Mittelmeer zeigen, dass die Erderwärmung schreckliche Realität geworden ist. Die Folgen der Klimakrise sind nicht mehr zu übersehen. Deshalb ist jetzt tatkräftiges Handeln auf allen Ebenen erforderlich, um für unser Dasein und lebenswerte Bedingungen für unsere Kinder und Enkelkinder zu sorgen“, schreiben die Unterzeichner. Diese Daseinsvorsorge ist in all ihren Facetten Aufgabe der Kommunen.

Viele Kommunen in Rheinland-Pfalz sind bereit, sich dieser Herausforderung zu stellen – aber oft fehlen die finanziellen und personellen Ressourcen, um die notwendigen Schritte in der Energie- und Wärmeversorgung, bei der Sanierung von Gebäuden sowie bei der Verkehrswende (für den Ausbau des ÖPNV und der Fahrradinfrastruktur) und der Klimabildung, – beratung und -information schnell und konsequent zu gehen. Ein Investitionsschub ist erforderlich, und der Abbau von Verwaltungsstellen muss in diesem Bereich zurückgedreht werden. Denn es fehlt vielen Kommunen an Personal. Es gibt lobenswert viele Förderprogramme auf Landes- und Bundesebene, aber sie zielen ins Leere, wenn auf kommunaler Ebene Personal und Eigenmittel fehlen, diese Programme abzurufen und zu nutzen.

Voraussetzung für ein erfolgreiches und konsequentes Umsetzen von Maßnahmen ist es deshalb, die kommunale Ebene finanziell so auszustatten, dass Städte und Gemeinden ihre Planungs- und Entscheidungshoheit auch tatsächlich wahrnehmen können. Geradezu kontraproduktiv wirken Meldungen, dass Initiativen von finanzschwachen Kommunen zur Klimaanpassung oder Mobilitätswende von der Landesbehörde ADD (Aufsichts- ubnd Dienstleistungsdirektion) untersagt werden, weil es sich um freiwillige Leistungen handle. So wurde z.B. das in der Koalitionsvereinbarung beschriebene Ziel, den Radverkehr zu stärken, bereits unterwandert, weil Kommunen kein Personal für die Radverkehrsplanung einstellen durften.

Bundesverfassungsgericht bekräftigt grundsätzliche Schutzpflichten des Staates

Das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 24. März 2021 hat die grundrechtlichen Schutzpflichten vor den Gefahren des Klimawandels und das von Deutschland unterschriebene Pariser Klimaschutzabkommen bekräftigt. Dies bedeutet: Art. 20 a GG verpflichtet den Staat zum Klimaschutz und zielt auf die Herstellung von Klimaneutralität mit einem Fokus auf entsprechende Maßnahmen vor 2030 ab“, betonen MainzZero und die Unterzeichner des offenen Briefes.

Der Weltklimarat IPCC warnt im ersten Teil seines neuen Sachstandsberichts vor einer deutlich rascheren globalen Erwärmung als bislang angenommen. So heißt es, dass sich die Erde bei der derzeitigen Entwicklung bereits gegen 2030 um 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erwärmen wird – und damit zehn Jahre früher als noch 2018 prognostiziert. „Wir alle – die Bürgerinnen und Bürger, aber vor allem Sie als politische Entscheidungsträger*innen – haben es in den nächsten, entscheidenden Jahren in der Hand, das Ruder entschlossen und vor allem aktiv herumzureißen“, mahnt MainzZero. „Wie viel sinnvoller wäre es, das Geld in Zukunft – statt zur Schadensbeseitigung – proaktiv in konsequenten und innovativen Klimaschutz und damit in die Vermeidung der weiteren langfristigen Erderwärmung zu investieren,“ so der Vorschlag von Hans-Georg Frischkorn.

Die teilweise schon auf kommunaler Ebene erarbeiteten und festgelegten Klimaleitziele erhielten dann auch innerhalb der Stadtverwaltungen die notwendige Rückendeckung für deren Umsetzung. „Den Zielen müssen jetzt endlich Taten folgen, bevor es zu spät zum Handeln ist!“, so die Unterzeichner und abschließend: „Das ist unserer Überzeugung nach ein überfälliges und notwendiges Signal für die Bedeutung, die Klimaschutz in Rheinland-Pfalz sicher auch für Sie als Vorsorge für nachfolgende Generationen hat! Dies hat auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts als klare Aufgabe an die Politik formuliert.“

Institutionen, Firmen und Privatpersonen können sich gerne diesem Apell anschließen und den Offenen Brief auch im Nachgang unterzeichnen. Interessiert? Mail an kontakt@klimaentscheid-mainz.de.


Der Brief an die Landesregierung

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Dreyer, Ministerin Ahnen, Ministerin Spiegel, Ministerin Schmitt,

immer mehr wird deutlich, dass die Umstellung unserer Gesellschaft auf ein Leben frei von Treibhausgasemissionen leider viel zu langsam vorankommt, um wirksam die zu erwartenden schrecklichen Folgen des von uns Menschen gemachten Klimawandels zu vermeiden oder zumindest noch beeinflussen zu können.

Das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 24. März 2021 hat die grundrechtlichen Schutzpflichten gegenüber den Gefahren des Klimawandels und das von Deutschland unterschriebene Pariser Klimaschutzabkommen bekräftigt. Dies bedeutet: Art. 20 a GG verpflichtet den Staat zum Klimaschutz und zielt auf die Herstellung von Klimaneutralität mit einem Fokus auf entsprechende Maßnahmen vor 2030 ab.

Die furchtbaren Überschwemmungen in diesem Sommer in Rheinland-Pfalz und in benachbarten Regionen sind eine drastische und dramatische Vorwarnung für die absehbaren Folgen, die uns und unserem Planeten in den kommenden Jahren und Jahrzehnten drohen. Wir alle – die Bürgerinnen und Bürger, aber vor allem Sie als politische Entscheidungsträger*innen haben es in den nächsten, entscheidenden Jahren in der Hand, entschlossen das Ruder herumzureißen.

Die Hitzewelle in den Mittelmeeranliegerstaaten mit verheerenden Bränden spricht eine ebenso deutliche Sprache! Neben dem verursachten menschlichen Leid sind die Kosten enorm. Wie viel sinnvoller wäre es, das Geld in Zukunft – statt zur Schadensbeseitigung – proaktiv in konsequenten Klimaschutz und damit in die Vermeidung der weiteren langfristigen Erderhitzung zu investieren!

Der Weltklimarat IPCC warnt im ersten Teil seines neuen Sachstandsberichts vor einer deutlich rascheren globalen Erwärmung als bislang angenommen. So heißt es, dass sich die Erde bei der derzeitigen Entwicklung bereits gegen 2030 um 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erwärmt haben wird – das ist zehn Jahre früher als noch 2018 prognostiziert.

Demnach wird es immer häufiger zu bislang selten auftretenden Wetterextremen kommen. Dieser Trend wird sich auch in einem „best case“-Szenario fortsetzen; die Erderhitzung ist schon jetzt nicht mehr umkehrbar. Bedrohliche Hitzewellen, die bisher etwa alle 50 Jahre auftraten, wird es laut IPCC in Zukunft einmal pro Jahrzehnt geben. Tropenstürme werden stärker, extreme Regen- und Schneefälle werden zunehmen. Es wird 1,7 mal so oft wie bisher zu Dürren kommen. Brände werden intensiver und länger andauernd. Genau das erleben wir in diesem Jahr!


Schnelles Handeln auf allen Ebenen ist dringend erforderlich

Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil die Politik klar aufgefordert, im Sinne der Generationengerechtigkeit die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen zu beschleunigen.

Heute wollen wir Sie als Landespolitikerinnen bitten, Ihren Fokus auf die kommunale Ebene zu lenken. Während EU, Bund und Land primär Rahmenbedingungen setzen, liegt die Umsetzung vieler Maßnahmen im Wesentlichen bei den Städten und Gemeinden. Viele Kommunen in Rheinland-Pfalz sind bereit, sich dieser Herausforderung zu stellen – aber oft fehlen die finanziellen und personellen Ressourcen, um die notwendigen Schritte in der Energie- und Wärmeversorgung, bei der Sanierung von Gebäuden sowie bei der Verkehrswende (für den Ausbau des ÖPNV und der Fahrradinfrastruktur) und der Klimabildung, -beratung und – information schnell und konsequent zu gehen. Ein Investitionsschub ist erforderlich, und der Abbau von Verwaltungsstellen muss in diesem Bereich zurückgedreht werden. Denn es fehlt vielen Kommunen an Personal. Es gibt lobenswert viele Förderprogramme auf Landes- und Bundesebene, aber sie zielen ins Leere, wenn auf kommunaler Ebene Personal und Eigenmittel fehlen, diese Programme zu nutzen.

Voraussetzung für ein erfolgreiches und konsequentes Umsetzen von Maßnahmen ist es deshalb, die kommunale Ebene finanziell so auszustatten, dass die Städte und Gemeinden ihre Planungs- und Entscheidungshoheit auch tatsächlich wahrnehmen können. Geradezu kontraproduktiv wirken Meldungen, dass Initiativen von finanzschwachen Kommunen zur Klimaanpassung oder Mobilitätswende von der Landesbehörde ADD mit der Begründung untersagt werden, dass es sich um freiwillige Leistungen handle. So wurde z.B. das in der Mainzer Koalitionsvereinbarung beschriebene Ziel, den Radverkehr zu stärken, bereits unterwandert, weil Kommunen kein Personal für die Radverkehrsplanung einstellen durften.

Auch für eine Entlastung von Aufgaben durch das Land – etwa durch Übernahme der Baulast von regionalen Radwegen oder die Definition der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum – gibt es nach wie vor kein Konzept.

Vor dem geschilderten Hintergrund muss Klimaschutz in Rheinland-Pfalz zur kommunalen Pflichtaufgabe werden. Diese kommunale Pflichtaufgabe wird jedoch nur dann wirksam, wenn Aufgabenfelder, Ziele und Ressourcen der Kommunen klar umrissen und abgegrenzt sind. Nur so kann vermieden werden, dass Klimaschutz als unbestimmter Rechtsbegriff zu neuen Unklarheiten insbesondere über Zuständigkeiten zwischen Land und Kommunen führt und die dringend erforderlichen Impulse ausbleiben bzw. aufgrund der Unklarheiten ins Leere laufen.

Die teilweise schon auf kommunaler Ebene erarbeiteten und festgelegten Klimaleitziele erhielten dann auch innerhalb der Stadtverwaltungen die notwendige Rückendeckung, um tatsächlich umgesetzt zu werden. Den Zielen müssen jetzt endlich Taten folgen, bevor es zu spät zum Handeln ist!

Das ist unserer Überzeugung nach ein überfälliges und notwendiges Signal für die Bedeutung, die Klimaschutz in Rheinland-Pfalz als Vorsorge für nachfolgende Generationen sicher auch für Sie hat! Eben dies hat auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil als klare Aufgabe an die heutige Politik formuliert.

Wir danken Ihnen für Ihr offenes Ohr und stehen Ihnen selbstverständlich auch für ein persönliches Gespräch zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Georg Frischkorn – Vertrauensperson von ‚MainzZero – Klimaentscheid Mainz