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Nachrichten Mainz | Roland Schleichert ist 45 Jahre alt und leidet an einer speziellen Form der Multiplen Sklerose (MS). Er lebt mit seiner 37 Jahre alten Frau Katrin Schleichert und seiner 4-jährigen Tochter in Mainz-Finthen. Um die gemeinsame Zeit der Familie zu verlängern, haben sie eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Damit soll die teure Behandlung, die die Krankenkasse nicht übernimmt, bezahlt werden. Boost your City hat mit dem Ehepaar darüber gesprochen.


Die Diagnose kam 2016

Vier Wochen vor der Hochzeit des Ehepaars bekam Roland Schleichert die Diagnose MS. Zu dieser Zeit war seine Frau mit der Tochter schwanger. Bei einem Spaziergang sei er gestützt, erzählt der 45-Jährige. Da er nicht mehr aufstehen konnte, fuhren sie in die Uniklinik Mainz. Nachdem ihm dort Blut und Nervenwasser abgenommen wurde und man noch einige weitere Tests mit ihm gemacht hatte, stellten die Ärzte ihm die Diagnose MS. Der zuvor sportlich aktive 45-Jährige konnte plötzlich nur noch 800 bis 1.000 Meter laufen. „Das war für uns ein schwerer Schock.“, erzählte Roland Schleichert. Unter anderem auch, da bereits seine Schwester an MS litt. Im Jahr 2018 verstarb seine Schwester an einem multiplen Organversagen in Folge der Krankheit.

Als gelernter Schreiner, der zu diesem Zeitpunkt als Anlagenfahrer bei der Firma Nestle arbeitete, war ihm bewusst, dass er seinen Job nicht mehr ausüben kann. Zunächst war er allerdings noch optimistisch, dass er nach einer Umschulung zumindest einen Bürojob übernehmen kann. Nachdem die Krankheit dann aber sehr rasant voranschritt und man in weiteren Tests feststellte, dass er bereits nach wenigen Minuten Konzentration beginnt zu krampfen, war auch eine Umschulung keine Option mehr. Seitdem erhält er eine Erwerbsminderungsrente.

In den folgenden Jahren wurde sein Zustand immer stetig schlechter. In der Zwischenzeit kann er kaum noch 100 Meter am Stück laufen. Vor rund einem halben Jahr fanden die Ärzte dann heraus, dass er an einer hochaktiven Form der MS leidet. Im Gegensatz zur normalen MS bessern sich die Symptome nach einem Schub nicht wieder sondern bleiben bestehen. Jeder Schub verschlechtert die Beeinträchtigungen also dauerhaft.

Er erzählt, dass die Krankenkasse ihm ohne Probleme zu machen den Rollstuhl genehmigt und finanziert hat. In der nächsten Zeit möchte er sich auch um eine Pflegekraft kümmern, da die Einschränkungen stetig mehr werden.

Die Krankheit schränkt den Alltag sehr ein

Durch seine Krankheit ist Roland Schleichert sehr eingeschränkt. Treppen oder Steigungen laufen ohne sich festzuhalten, geht nicht mehr. Schon beim Kochen oder essen habe er mittlerweile Probleme, das Besteck richtig festzuhalten, erklärt seine Frau. Autofahren kann er nur noch mit einem Automatik-Getriebe, weil er bei einem Schaltgetriebe mit dem linken Fuß die Kupplung nicht mehr halten kann. Die Familie hat sich daher extra ein Auto mit Automatik zugelegt. Wie lange er dieses noch fahren kann, ist allerdings unklar.

Auch mit seiner Tochter kann er viele Dinge nicht machen. „Dank dem Rollstuhl kann ich zumindest noch mit ihr etwas im Ort spazieren gehen. Aber bei vielen Dingen muss ich ihr sagen, dass ich es nicht kann.“, so Roland Schleichert.

Die aktuelle Corona-Pandemie habe ihn nicht allzu sehr eingeschränkt. „Ich bin sowieso gefangen in meinem Körper“, erklärt der 45-Jährige. Lediglich die Regelung, dass man nur noch alleine im Supermarkt einkaufen gehen kann, sei für ihn schwierig gewesen. In dieser Zeit konnte er lediglich bei Globus einkaufen gehen, da das Geschäft dort Elektromobile zur Verfügung stellt.

Nicht jeder hat Verständnis

Oft sei es beim Einkaufen auch so, dass besonders ältere Menschen sich darüber beschweren oder ärgern, wenn Roland Schleichert mit einem Elektromobil durch das Geschäft fährt. „Man sieht es meinem Mann ja nicht direkt an, dass er wirklich darauf angewiesen ist. Das ist meiner Meinung nach aber noch lange kein Grund zu urteilen oder unfreundlich zu werden. Wenn er auf dieses Hilfsmittel verzichten könnte, würde er es auch tun. Aber es geht eben nicht anders und das allein ist schon belastend genug. Natürlich helfen auch manche und sind zuvorkommend, allerdings haben wir das Gefühl, dass es mit der Zeit immer weniger hilfsbereite Menschen gibt.“, erklärt seine Katrin Schleichert.

Die Stammzellentherapie

Durch eine Dokumentation im Fernsehen wurde der 45-jährige auf die Möglichkeit der Stammzellentherapie aufmerksam. Vereinfacht erklärt wird bei der Stammzellentherapie zunächst eine Voruntersuchung durchgeführt. Dann werden dem Körper Stammzellen entnommen. Anschließend wird das kranke Immunsystem mit Hilfe einer Chemotherapie vollständig zerstört und damit quasi auf null zurückgesetzt. Dadurch greift das Immunsystem den Körper nicht mehr an. Dann werden die zuvor entnommenen Stammzellen dem Körper über einen Venenkatheter wieder zugeführt. Weil das Immunsystem sich dann erst wieder aufbauen muss, bleibt der Patient anschließend noch einige Tage in einem möglichst keimfreien Raum in Isolation.

Die Therapie wird in vielen Ländern angeboten. Weil die Krankenkasse die Behandlung allerdings nicht übernimmt, ist dies auch eine Kostenfrage. In Mexiko und Moskau sei die Therapie mit rund 50.000 Euro noch am kostengünstigsten. Auch in Deutschland wird diese Therapieform angeboten, allerdings nicht für die Form der MS, an der Roland Schleichert leidet. Ihm bleibt daher nur die Option, sich im Ausland behandeln zu lassen.

Der gesundheitliche Zustand würde sich nicht mehr verschlechtern

Im Anschluss an die Therapie sei er dann MS-frei, allerdings nicht geheilt. Er habe dann keine Schübe mehr und es gebe auch für eine längere Zeit keine Verschlechterung mehr. Wie lange die Therapie anhält, kann vorher schwer gesagt werden. Allerdings gebe es Personen, die bereits seit 19 Jahren keine Verschlechterung mehr gemerkt hätten. Es sei sogar möglich, dass sich der Zustand verbessert oder die Einschränkungen fast vollständig verschwinden.

Der größte Wunsch von Roland Schleichert ist es, die Therapie machen zu können damit sich der Zustand nicht noch weiter verschlechtert. Natürlich hofft er, dass die Beeinträchtigungen auch weniger werden, damit er dann endlich wieder mehr mit seiner 4-jährigen Tochter unternehmen kann. „Das belastet mich natürlich extrem, wenn die Tochter etwas unternehmen möchte und man ihr dann erklären muss, dass ich es nicht kann“, erklärt Schleichert. Durch die Stammzellentherapie würde der Familie viel Zeit geschenkt werden.

Spendenaufruf im Netz soll helfen

Die hohen Kosten für die Therapie kann die Familie nicht alleine stemmen. Deshalb haben sie sich nun dazu entschieden, im Netz einen Spendenaufruf zu starten. „Das ist uns nicht leicht gefallen, alles so offen zu legen. Aber wir haben das besprochen und sind uns einig, dass wir es zumindest probieren müssen, bevor die Beeinträchtigungen noch schlimmer werden und es dann zu spät ist. Wir wollen uns nicht irgendwann selbst vorwerfen müssen, es nicht versucht zu haben“, erklärt das Ehepaar.

Bislang sind bei der Spendenaktion rund 2.000 Euro über Paypal und gofundme zusammen gekommen. Bis die Therapie möglich wird, fehlen allerdings noch rund 48.000 Euro (Stand: 22.01.2021, um 7:00 Uhr)

Hier kann gespendet werden: