David Dietz FDP Mainz
David Dietz FDP Mainz

Der Deutsche Bundestag hatte die Einführung einer Impfpflicht gegen das Coronavirus abgelehnt. Viele Menschen haben das begrüßt, doch die Entscheidung bereitet vor allem Menschen, die mit Senioren arbeiten, auch große Bauchschmerzen: „Die Entscheidung des Bundestags bereitet mir die Sorge, dass wir auch im dritten Pandemiejahr ohne ein wirkliches Konzept in den Herbst und Winter gehen“, sagte der Mainzer FDP-Fraktionschef David Dietz jetzt gegenüber BYC-News.


Vorerkrankungen und Alter spielen eine große Rolle

Dietz ist Geschäftsführer der Lebenshilfe Mainz-Bingen, die auch in Mainz Einrichtungen für behinderte Menschen wie Wohngruppen, integrative Kindergärten und Seniorenangebote betreibt. Die Corona-Pandemie war besonders für diese Personengruppe schwierig und gefährlich: Die weitaus meisten der bundesweit mehr als 139.000 Toten waren Menschen über 60 Jahren und Menschen mit Vorerkrankungen – ein Großteil von ihnen war ungeimpft.

„Im nunmehr zweijährigen Pandemiegeschehen haben wir gelernt, dass es Personengruppen gibt, die im Falle einer Infektion einer grundsätzlich höheren Gefahr ausgesetzt sind, einen schweren Verlauf der Infektion bis hin zum Tod zu erleiden“, sagte Dietz nun. Völlig zu Recht liege der Fokus der Bemühungen deshalb darauf, „diese sogenannten vulnerablen Gruppen, also die besonders gefährdeten Menschen, auch besonders zu schützen.“ Dabei spielten Vorerkrankungen, aber eben auch das Alter eine signifikante Rolle.

Drei Millionen Menschen über 60 Jahren ungeimpft

„Leider sind aber auch in diesem Alterssegment die Impflücken noch relevant“, warnt Dietz –in Deutschland sind noch immer rund drei Millionen Menschen über 60 Jahren gar nicht gegen das Coronavirus geimpft. Dabei belegen Studien inzwischen zweifelsfrei: Die Impfung schützt in herausragendem Maße vor einer schweren Erkrankung, und insbesondere vor dem Tod in der Folge einer Corona-Infektion.

David Dietz, Geschäftsführer der Lebenshilfe Mainz-Bingen. Foto: Akira Schüttler

Genau deswegen hatte die SPD-geführte Bundesregierung eigentlich auf eine Impfpflicht ab 18 Jahren gedrängt, doch die scheiterte vergangene Woche im Deutschen Bundestag: Ein Antrag für eine Impfpflicht ab 60 Jahren fiel durch, eine Impfpflicht ab 18 Jahren war gar nicht erst zur Abstimmung gekommen. „Die Debatte und das Agieren im Vorfeld mag jeder für sich selbst bewerten“, sagte Dietz, klar sei aber auch: Die Impfpflicht hätte „die Möglichkeit geboten, Voraussetzungen für ein mögliches Ende der immer wieder ausgeuferten „Corona-Regeln“ zu schaffen.“

„Massiver Eingriff in die körperliche Unversehrtheit“

„Klar ist, dass eine gesetzliche Regelung über verpflichtende Impfungen einen massiven Eingriff in die körperliche Unversehrtheit darstellt“, betonte Dietz weiter. Er selbst halte deshalb eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren für einen „unverhältnismäßig tiefen Eingriff in die Grundrechte“, das lehne er ab. „Eine Impfpflicht ab 50 Jahren hingegen stellt aus meiner Sicht ein sehr viel milderes Mittel dar, um künftig auf weitergehende Grundrechtseingriffe im Zuge der Corona-Politik verzichten zu können“, betonte Dietz zugleich: Ein solche Impfpflicht könne „meines Erachtens verhältnismäßig sein, um die vulnerablen Personengruppe grundsätzlich zu schützen.“

Doch das sehen nicht alle so:

Die Mainzer Grünen-Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner sorgte für Aufsehen, weil sie im Bundestag eine engagierte Rede hielt – gegen die Impfpflicht. Rößner stellte sich damit im Gegensatz zur allgemeinen Linie der Grünen. „Uns eint das Ziel, die Pandemie zu bewältigen und die Überlastung des Gesundheitswesens abzuwenden“, sagte Rößner in ihrer Rede, ein guter Immunstatus trage dazu wesentlich bei. Doch viele Menschen wollten die Impfentscheidung selbst treffen, „viele haben auch Ängste“, betonte Rößner.

Die Mainzer Politikerin verwies auch darauf, dass Impfnebenwirkungen bislang nur in geringem Ausmaß dem Paul-Ehrlich-Institut gemeldet werden. „Wie hoch die Dunkelziffer ist, wissen wir nicht“, sagte Rößner, und forderte, Fälle von starken Impfnebenwirkungen systematisch zu erfassen. „Damit würden wir die Bedenken ernst nehmen, das schafft Vertrauen“, betonte sie.

Zudem wisse man noch gar nicht, welchen Schutz die Impfung bei neuen Varianten des Virus bietet, argumentierte Rößner weiter, und behauptete: „Nach heutigem Stand geht es bei der Impfung eher um den Eigen- als um den Fremdschutz. Daher ist eine Impfpflicht noch schwieriger zu rechtfertigen.“


Das aber stimmt so nicht:

Neueste Studien belegen klar, dass Corona-Geimpfte nicht nur sehr gut vor schweren Erkrankungen geschützt sind, sie sind auch weniger ansteckend als Ungeimpfte. Das Robert-Koch-Institut hatte schon vergangenes Jahr betont: Menschen, die sich trotz einer Impfung mit dem SARS-CoV-2-Virus infizieren, scheiden viel kleinere Virusmegnen aus als Ungeimpfte – und sind deshalb auch weniger ansteckend.

Das belegt nun eine neue Studie der Universität Genf: Menschen mit der Booster-Impfung tragen demnach fünfmal weniger infektiöses Virus in sich als ungeimpfte Menschen, fanden die Forscher heraus.

Einrichtungsbezogene Impflicht „ein konsequenter und richtiger Schritt“

Dietz fordert nun: „Auf die möglichen Konsequenzen aus dieser Entscheidung werden wir uns alle vorbereiten müssen.“ Denn im Herbst drohten neue Mutationen des SARS-CoV2-Virus, „die nicht nur in der Übertragungsfreude so aggressiv sind wie die derzeit dominante Omikron-Variante, sondern im Verlauf potentiell gefährlicher“, warnte er. Wenn dann die Ansteckungsraten und Krankenhauseinweisungen ähnlich hoch seien wie jetzt, „kann es tatsächlich schwierig werden.“

Dann werde die Gesellschaft wieder „über Maßnahmen diskutieren müssen, die wir hinter uns geglaubt haben“, warnte Dietz: „Wir sollten eine Grundlage schaffen, die das verhindert.“ Die einrichtungsbezogene Impflicht im Gesundheitswesen sei deshalb „ein konsequenter und richtiger Schritt“ gewesen, sagte Dietz weiter: „Die Menschen, die uns in diesem Rahmen anvertraut sind, müssen die Gewissheit haben, dass die sie Betreuenden und Pflegenden ebenfalls bestmöglich geschützt sind, um diese lebenswichtige Arbeit ausüben zu können.“