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Zum 1. Februar sollte der Präsenzunterricht an rheinland-pfälzischen Grundschulen wieder starten. Obwohl die Runde der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten ein anderes Vorgehen beschlossen hatte. Nun macht das Land einen Rückzieher und cancelt den Unterricht doch. Dazu schreibt BYC-Herausgeberin Katja Dachs einen offenen Brief an Ministerpräsident Malu Dreyer:


 

Liebe Ministerpräsidentin Malu Dreyer,

eins vorab. Ich verstehe, dass eine Pandemie für eine Politikerin nicht einfach ist. Und ich beneide Sie auch nicht um so manche Entscheidung, die Sie jetzt fällen müssen.

Doch als Mutter eines Kindes, das auf die Grundschule geht und eines, das eine weiterführende Schule besucht, wende ich mich trotzdem mit einer Bitte an Sie: mehr Verlässlichkeit.

Sie mögen vielleicht sagen, Sie können momentan nichts anderes machen, als auf Sicht fahren. Aber dann erwarten Sie bitte auch nichts anderes von den Eltern. Wir sind momentan ebenfalls davon betroffen, dass sich Voraussetzungen ständig ändern.

Alle Bereiche betroffen

Das gilt für alle Bereiche des Lebens: Als Unternehmerin muss ich auf einen Markt reagieren, der sich angesichts der Pandemie ständig verändert – oder mit Beihilfen umgehen, deren Bedingungen sich nach der Antragsstellung geändert haben. Als Mutter muss ich meinen Kindern erklären, dass und warum sie nicht mehr so mit anderen Kindern spielen können, wie sie sich das dringend wünschen.

Obendrein bin ich jetzt als Lehrerin und Schuldirektorin gleichzeitig unterwegs. Am Mittwoch (27. Januar) erreicht mich ein Brief, in dem ich aufgefordert werde zu entscheiden, ob ich mein Kind in den Präsenzunterricht schicke. Am Donnerstagmorgen erfahre ich aus einer Pressemitteilung, dass es entgegen der Ankündigung am 1. Februar gar keinen Präsenzunterricht gibt.

Eine Mutation des Virus sei aufgetreten, ist die Begründung. Damit habe niemand rechnen können. Mit Verlaub. Aber über mögliche Mutationen des Virus berichten wir und andere Medien seit Wochen.

Überschaubar raffiniert

Bisher sind die Lösungsvorschläge, die Sie und Ihre zuständige Ministerin anbieten, überschaubar raffiniert: Im Sommer war’s Lüften – also Fenster öffnen. Doch mit dem September oder Oktober wurde das „Konzept“ immer zweifelhafter. Jetzt sind es Schulschließungen.

Nicht zu vergessen den Online-Unterricht. Ich will nicht ins Detail gehen. Vor allem weil ich keine Lehrer vor den Bus schubsen will – die haben es in dieser Zeit auch nicht leicht.

Was ich aber grundsätzlich sagen kann: Ich erlebe Einzelmaßnahmen, die sinnvoll sind. Und Einzelmaßnahmen, die Unsinn sind. Unterm Strich aber wirkt es nicht so, als ob diese vorab von irgendjemandem geprüft worden wären. Geschweige denn, dass da ein Konzept dahinter steht.

Keine Struktur erkennbar

So wie die Mutation einen Vorlauf hatte, hatte auch die zweite Corona-Welle einen Vorlauf. Dass sie kommen könnte, stand im Sommer immer zur Diskussion. Dass die Zeit dazwischen genutzt worden wäre, um den Online-Unterricht strukturell zu verbessern – dieser Eindruck kommt nun wirklich nicht auf.

Das gilt für die Struktur des Online-Unterrichts, die Erreichbarkeit der virtuellen Klassenzimmer oder die technische Umrüstung der tatsächlichen Klassenzimmer. Ich glaube Ihnen, wenn Sie sagen, dass sie nicht wollen, dass die Kinder zum Opfer der Pandemie werden. Es wäre aber wichtig, dass dies auch in der Politik zu erkennen ist.

Ihre Katja Dachs