Rheinland-Pfalz ist kleiner und wirtschaftlich weniger bedeutend als Baden-Württemberg. Trotzdem richtet sich der bundesweite Fokus am Sonntag in acht Tagen eher auf Mainz als auf Stuttgart. Das liegt nicht daran, dass der Ausgang offen wäre – im Gegenteil.

Nimmt man die Umfragen, entscheidet sich der Wähler am 14. März wieder für die Regierung aus SPD, FDP und Grünen. Es wäre die erste Ampelkoalition in Deutschland, die bestätigt würde und vermutlich auch weiter regieren will. Das liegt vor allem am bisherigen Wirtschaftsminister Volker Wissing, mit dem ein Wechsel zur CDU ausgeschlossen ist – auch wenn der rechnerisch möglich würde.

Dieser absehbare Erfolg für die Ampel in Rheinland-Pfalz ist von bundesweiter Bedeutung. Denn er könnte dafür sorgen, dass im September nicht nur die Amtszeit von Merkel endet. Dann könnte auch die Ära der Union im Kanzleramt zu Ende gehen. Sowohl SPD als auch Grüne erhielten eine echte Option, selbst den nächsten Kanzler zu stellen. Als Generalsekretär seiner Partei sitzt Wissing in Berlin an der entscheidenden Weiche.

FDP würde besser zu Scholz passen

Vor allem die SPD sucht eine Option, selbst den Kanzler stellen zu können. In der Rolle des Juniorpartners in der großen Koalition mussten die Sozialdemokraten zu viel Staub schlucken. Ihr Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat Signale gesetzt, dass er sogar für eine Zusammenarbeit mit den Linken als zweiter Partner neben den Grünen bereit sei – nur um die Juniorpartnerschaft mit der Union zu beenden.

Doch Scholz ist ein Realo, ein Wirtschaftspolitiker, ein Vertreter des rechten Flügels der SPD. Ein Wahlkampf mit der FDP als einer möglichen Option anstatt der Linken würde viel mehr zu seinem Image und seinen Positionen passen.

Nach einer INSA-Umfrage standen SPD und Grüne jüngst beide jeweils bei 17 Prozent, die FDP kam demnach auf 10 Prozent, die Linke auf 8 Prozent. Es fehlen der Ampel also noch drei bis fünf Prozentpunkte zur Mehrheit, Rot-Rot-Grün fünf bis sieben Prozentpunkte.  Damit es reicht, müssten die Parteien Stimmen in der Mitte dazu gewinnen. Das könnten FDP und SPD in einer Ampel eher schaffen, als einer der drei anderen in einer rot-rot-grünen Konstellation.

Mehr Selbstbewusstsein für die FDP

Der FDP würde die Ampelkoalition einen selbstbewussten Wahlkampf ermöglichen. In der Ära Kohl sowie in der Schröder-Zeit gab es die „Lager-Wahlkämpfe“: Rot-Grün gegen CDU-FDP. Diese Konstellation machte aus der FDP den Blinddarm der CDU, den die Wähler 2013 entfernten.

Mit der Option einer Ampel braucht die FDP im Wahlkampf keinerlei Rücksicht auf die CDU zu nehmen. Sie könnte Minister wie Jens Spahn, Peter Altmaier oder Andy Scheuer offen wegen deren schweren Fehlern angreifen. Auch könnte sie in Sachen Corona angriffslustig bleiben.

Mit der Rückgewinnung der Freiheitsrechte hätte die FDP zudem wieder ein Thema, das sie näher an ihre Wurzeln bringt. Zu sehr haftete nach Führungskräften wie Martin Bangemann, Otto Graf Lambsdorff oder Guido Westerwelle das Image der neoliberalen Wirtschafts-Lobbyisten an der Partei. Neben Wirtschaftsliberalen gäbe es dann auch wieder den Rechtsliberalismus.

Erzrivale der Grünen

Die Grünen haben unter Robert Habeck und Annalena Baerbock ohnehin den Weg des Koalitions-Pragmatismus eingeschlagen. Außer mit der AfD schließen sie keine Zusammenarbeit aus. Die Ampel böte den Grünen einen klaren Vorteil: Mit ihr käme sogar ein grünes Kanzleramt in Sicht. Laut Insa trennen die Grünen 15,5 Prozentpunkte von der Union. Ein nur schwer aufzuholender Rückstand. Mit der SPD befinden sich die Grünen auf Augenhöhe.

Zwar waren Grüne und FDP lange Zeit Erzrivalen. Aber eine Ampelkoalition mit der FDP wäre der grünen Basis auch nicht schwerer zu erklären, als eine Zusammenarbeit mit Bundeskanzler Markus Söder.

Als die INSA-Umfrage rauskam, hat eine Nutzerin auf Twitter auf einen Fun Fact hingewiesen: Käme die Ampel, dann ist die FDP nur noch sieben Prozentpunkte von einer Kanzlerschaft entfernt.