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Im Kreis Groß-Gerau ist das Grundwasser zur Zeit mit großer Vorsicht zu genießen. Der Grund dafür ist das mittlerweise verbotene Pflanzenschutzmittel Dikegulac. Das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz und Landwirtschaft rät sogar komplett von der Nutzung ab.


Überschreitung des Vorsorgewertes

„Um die Dikegulac-Konzentrationen im Grundwasser des Hessischen Rieds besser abschätzen zu können, wurde in den vergangenen Monaten eine Modellierung durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Dikegulac-Konzentrationen an keiner Stelle über dem Trinkwasser-Leitwert von 1.000 Mikrogramm pro Liter liegen. Sie werden außerdem über die Jahre immer weiter abnehmen. Trotzdem kann es bei einigen Brunnen, die von der Landwirtschaft für die Bewässerung der Felder genutzt werden, zu einer Überschreitung des Vorsorgewertes von 50 Mikrogramm pro Liter kommen. Zur Einhaltung des Minimierungsgebotes, sollte bei diesem Wert das Grundwasser nicht unmittelbar für die Bewässerung beim Lebensmittelanbau oder zum Tränken von Tieren verwendet werden“, erklärte Umweltministerin Priska Hinz vergangene Woche in Wiesbaden.

Ende des Jahres 2018 wurde eine Dikegulac-Belastung in Spinat bei einem landwirtschaftlichen Betrieb im Kreis Groß-Gerau festgestellt. Im Folgenden führte das Umweltministerium ein Messprogramm zu Dikegulac durch. In keiner der untersuchten Grundwasserproben wurde der Leitwert für Trinkwasser (1.000 Mikrogramm pro Liter) überschritten. Der Vorsorgewert (50 Mikrogramm pro Liter) wurde in fünf der insgesamt 45 untersuchten Grundwasserproben überschritten.

Langsamer Abbau des verbotenen Stoffs

Um die Entwicklung der Dikegulac-Konzentrationen im Grundwasser auch für die Zukunft abschätzen zu können, hat das Land zusätzlich die nun vorliegende Modellierung beauftragt. Dafür wurde in einem rund 190 Quadratkilometer großen Teilgebiet des Hessischen Rieds die Grundwasserströme genau untersucht. Von den insgesamt seit den 1940er Jahren über das Abwasser emittierten 7.600 Tonnen Dikegulac, befinden sich aktuell noch etwa 94 Tonnen im Grundwasser, die sich über die Jahre weiter verdünnen werden. Aufgrund der Trockenheit der letzten Jahre wird davon ausgegangen, dass nur eine langsame Verdünnung stattfinden wird. Die Dikegulac-Konzentration im Grundwasser wird bis zum Jahr 2050 etwa 1 Kilometer weiter in Grundwasserfließrichtung abströmen.

Um die Aussagen der Modellprognosen fortlaufend zu überprüfen, wird durch das Land ein Überwachungsprogramm an ausgewählten Grundwassermessstellen etabliert. „Die Modellierung und die weiteren Messungen ermöglichen damit ein Frühwarnsystem für die landwirtschaftlichen Betriebe. Wir haben die Beregnungsverbände über die Ergebnisse informiert. Bei der Beprobung der Brunnen werden wir die Landwirtinnen und Landwirte bei Bedarf unterstützen. Sollte dort der Vorsorgewert überschritten werden, helfen wir dabei alternative Wasserressourcen und technische Lösungen für die Bewässerung zu finden,“ ergänzte Hinz.

Zum Hintergrund:

Seit den 1940-er Jahren ist Diacetonketogulonsäure (Dikegulac) als Abfallprodukt der Vitamin C-Produktion der Firma Merck in großen Mengen über das Abwasser in die Umwelt gelangt. Nach Bekanntwerden der Dikegulac-Befunde im Grundwasser im Kreis Gross-Gerau im Jahr 1989 wurde behördlich veranlasst, dass die Abwasserbehandlung des Industriebetriebes um eine weitere Stufe ergänzt wurde. Hierdurch konnte die Dikegulac-Fracht, die über das Abwasser emittiert wurde, deutlich verringert werden. Der Produktionsprozess, bei dem das Nebenprodukt Dikegulac entstand, wurde 1999 eingestellt.

Der Trinkwasserleitwert gibt die Höchstkonzentration im Trinkwasser an, die ein Leben lang ohne Gesundheitsschädigung aufgenommen werden kann. Das Minimierungsgebot besagt, dass die Konzentrationen so gering zu halten sind, wie dies mit vertretbaren Aufwand möglich ist.