Urlaub & Freizeit – Die Maus aus der Kinderfernsehserie „Die Sendung mit der Maus“ kennt vermutlich jeder. Am 7. März feiert die beliebte TV-Kinderserie 50. Geburtstag. Die Erfinderin kennt allerdings kaum jemand. Isolde Schmitt-Menzel heißt die Frau, die die Maus 1969 erstmals gezeichnet hat. Die Bildergeschichte hieß „Die Maus im Laden“ und die Hauptfigur, eine orange Maus, gefiel den Machern beim WDR so gut, dass Isolde Schmitt-Menzel mit weiteren Bildergeschichten rund um die Maus beauftragt wurde.


Friedrich Streich erweckte die Maus mit seiner Animation zum Leben und verlieh ihr unter anderem das typische Augenklappern. In diesem Jahr feiert Isolde Schmitt-Menzel ihren 91. Geburtstag.

Die Weltbürgerin Isolde Schmitt-Menzel

Seit 1970 hatte die Künstlerin für ein paar Jahre ihren Wohnsitz in Bad Homburg vor der Höhe unweit der Spielbank Bad Homburg. Ob sie diese jemals besucht hat, ist nicht verbrieft. Heutzutage würde sich die hochbetagte Künstlerin vermutlich, wenn überhaupt, bei einer gepflegten Runde Bridge oder Baccarat im Online Casino ohne Anmeldung im Internet vom heimischen Sofa aus amüsieren. Aber das ist nur Spekulation. Isolde Schmitt-Menzel ist jedenfalls eine Weltbürgerin, die sehr intensiv lebt und so frei sein kann, wie sie will. Die Maus hat einen nicht unerheblichen Anteil daran. Fünfundzwanzig Jahre lang bestimmte die Maus einen Großteil ihrer Aktivitäten.

Auf jeden Fall entstanden in Bad Homburg fast alle Maus-Geschichten fürs Fernsehen. Nach Rechtsstreitigkeiten mit dem WDR hat sie Deutschland verlassen und nach einer Zwischenstation auf Jamaika in der Nähe der texanischen Großstadt San Antonio (USA) ein neues Zuhause gefunden. In die Sommerfrische zieht es sie an ihren Zweitwohnsitz in Südfrankreich.

Weltweit einzige Bronzestaue der Maus steht in Bad Homburg

Aber auch mit anderen Kunstwerken hat Isolde Schmitt-Menzel bleibende Eindrücke hinterlassen. Im Skulpturengarten rund um das Gotische Haus in Bad Homburg steht weltweit die einzige Bronzestatue der Maus. Ein von ihr entworfenes Backsteinrelief ziert die Kirche Sankt Sebastian in Stierstadt. In Wiesbaden wurden in der Kirche Sankt Klara ebenfalls architektonische Entwürfe von ihr umgesetzt. Ihr markantes Outfit mit dem großen Amulett um den Hals lassen Weisheit und Spiritualität erahnen. Freunde und Bekannte sind immer wieder erstaunt, wie zutreffend ihre Aussagen beim Legen der Tarot-Karten sind. Ein Foto von ihr ist auf der Webseite des Fotografen Roger Hagmann zu sehen.

2010 gestalteten Kunststudenten zusammen mit der Professorin für Spiel- und Lerndesign, Karin Schmidt-Ruhland, an ihrem einstigen Studienort Halle im Kunstmuseum Moritzburg eine Ausstellung mit dem Namen „Ich bin die Maus“. Damit würdigten sie die Arbeit der Künstlerin, die dafür extra aus Texas anreiste.

Beginn des Studiums nach Kriegsende

Die 1930 in Eisenach geborene Künstlerin begann mit 18 Jahren ein Studium an der Burg Giebichenstein Hochschule für Kunst und Design in Halle an der Saale in den Studienfächern Buch- und Schriftgrafik sowie Freie Keramik. Als Isolde Schmitt-Menzel 1948 an der Hochschule immatrikulierte, tobte bereits der Formalismusstreit. Da sich die Schule innerhalb der sowjetischen Besatzungszone befand, strebten die Kulturverantwortlichen der späteren DDR eine klare Abgrenzung der DDR-Kunst vom „westlich-dekadenten Kunstbetrieb“ an. Administrativ bereits dem Ministerium für Volksbildung des Landes Sachsen-Anhalt unterstellt, hatte die Schule verstärkt unter Kontrollen durch die Staatliche Kommission für Kunstangelegenheiten und weitreichenden Eingriffen in das Ausbildungsprogramm zu leiden.

Nach Gründung der DDR 1949 erfolgte die Einführung des marxistisch-leninistischen Grundlagenstudiums und die Studienfächer Malerei, Grafik und Plastik erfuhren schmerzhafte Einschränkungen. Ein Vorteil für das Studium von Isolde Schmitt-Menzel war allerdings, dass die Schule als Institut für angewandte Künste der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg angegliedert wurde, was den Abschluss des Studiums mit einem Hochschuldiplom ermöglichte.

Studiumabschluss und Flucht in die BRD

Nach Abschluss des Studiums folgte die nun als Keramikerin ausgebildete Schmitt-Menzel Professor Herbert Post nach Offenbach an die Hochschule für Gestaltung in einer abenteuerlichen nächtlichen Grenzüberschreitung. Der erste Versuch bei Herleshausen scheiterte noch. Nach einem die ganze Nacht andauernden Verhör wird sie zurückgeschickt. Sie übernachtet im Wald und flieht im Morgengrauen aus der DDR. Die ersten Berufsjahre der dreifachen Mutter sind vor allem durch Buchillustrationen und dem Verfassen anschaulicher Kreativbücher geprägt. Aber auch Keramiken, Ölbilder, Aquarelle, Holzschnitte und Batiken zählten zum künstlerischen Portfolio.

Auswahl der Bücher, an denen Isolde Schmitt-Menzel bis 1971 beteiligt war:

  • Die wundersamen Abenteuer des kleinen Mädchens mit der Tante (1965)
  • Herr Flupp und seine sieben Enten (1968)
  • Mosaik aus Stein, Glas, Holz, Papier
  • Ein Freund für Toto (1971)
  • Ton – geformt, bemalt, gebrannt. Ein leicht verständlicher Lehrgang mit vielen Anwendungsbeispielen (1967)

Die Maus tritt ins Leben

Die Geburtsstunde der Maus schlug 1969 mit der Illustration der Geschichte „Die Maus im Laden“ im Auftrag des WDR. Die unkonventionelle Darstellung der Maus in Orange und auf zwei Beinen gefiel den Machern des WDR, sodass WDR-Redaktionsleiter Gert K. Müntefering 1970 an Isolde Schmitt-Menzel den Auftrag gab, sich Geschichten dazu ausdenken. Damals waren gerade die „Lach- und Sachgeschichten“ in Planung und die Trickfilme mit der Maus sollten als stilistisches Trennelement fungieren. Die Erstausstrahlung erfolgte am 7. März 1971. Aber erst am 10. März trat erstmals die Maus in der Sendung auf. Der Erfolg war so groß, dass die Sendung schon zehn Monate später in „Die Sendung mit der Maus“ umbenannt wurde. In der Folge entwarf Schmitt-Menzel etwa 130 Storyboards mit Mäusespots. Die Zusammenarbeit mit dem WDR dauerte etwa dreieinhalb Jahre, ehe sie wegen beginnender Verwertungsstreitigkeiten keine Aufträge mehr vom WDR erhielt.

Streit um die Urheberrechte an der Fernsehmaus

Der Erfolg der Maus eröffnete automatisch weitere Geschäftsfelder durch Merchandising und Zweitverwertung. Jahrelang wollte der WDR die Urheberschaft von Isolde Schmitt-Menzel nicht anerkennen. Gerichtliche Auseinandersetzungen waren die Folge, in deren Verlauf die Künstlerin am Ende Recht bekam. Allerdings waren dazu alle Instanzen nötig. Erst der Bundesgerichtshof bestätigte 1982 die Urheberschaft Schmitt-Menzels. In einem Vergleich gab sie 1996 die Marketingrechte an den WDR ab.

Der Kreativität tat dieser Rechtsstreit bei Isolde Schmitt-Menzel keinen Abbruch. Es entstanden in den folgenden Jahren weitere Kinderbücher und Bücher aus dem Bereich Lebensführung. Hier einige Beispiele:

  • Raus aus dem Gedankenkarussell: Wie Sie leidige Gedanken und Grübelattacken genüsslich ins Leere laufen lassen von Ute Lauterbach (Autor) und Isolde Schmitt-Menzel (Illustrator)
  • Spielverderber des Glücks: Mit Lust und Leichtigkeit loswerden, was uns am Glücklichsein hindert von Ute Lauterbach (Autor) und Isolde Schmitt-Menzel (Illustrator)
  • Zwölf Wünsche für Elisabeth von Willi Fährmann (Autor) und Isolde Schmitt-Menzel (Autor und Illustrator)
  • Maus, Bär und Tiger von Isolde Schmitt-Menzel (Autor und Illustrator)
  • Martin und Markus mit dem Raben von Willi Fährmann (Autor) und Isolde Schmitt-Menzel (Illustrator)

50 Jahre „Die Sendung mit der Maus“ und kein Ende in Sicht

2021 feiert die „Sendung mit der Maus“ ihren 50. Geburtstag. Mehr als 2.200 Episoden wurden bisher ausgestrahlt. Ganze Generationen haben mit der Trickfilmfigur schon ihre ersten Fernseherfahrungen gemacht. Knapp zwei Millionen Zuschauer zählt die Sendung jede Woche. Und das sind nicht nur Kinder, denn das Durchschnittsalter der Zuschauer beträgt vierzig Jahre. Bei Eltern ist das Format genauso beliebt. Bei den neuen Medien ist die Webseite des WDR, die Maus-App und der Podcast ebenso sehr gefragt. Die Maus hat Fernsehgeschichte geschrieben und ist Teil unseres Alltags geworden.

Es gibt Kinder-Porzellansets von Rosenthal mit den Mausbildern und sogar einen Airbus der Lufthansa mit einer mannsgroßen Abbildung der Maus neben der Einstiegstür. Die Maus war schon mit den Astronauten Klaus-Dietrich Flade und Alexander Gerst im All und zierte 2000 auf der Weltausstellung den Pavillon Deutschlands. Den Erfolg erklärt sich Isolde Schmitt-Menzel mit dem Charakter der Maus. Sie kann Sachen, die der Fantasie der Kinder entsprechen und ist lebendiger als Erwachsene es sind. Sie ist kreativ und macht kindliche Erfahrungen. Die Maus ist von den Anfängen bis heute eben eine durch und durch moderne Figur geworden.