Der Binger Mäuseturm war einst ein Wehr- und Wachturm. Historisch steht das Bauwerk auf der Mäuseturminsel im Rhein. Der etwa 25 Meter hohe Turm diente einst zusammen mit der auf der gegenüberliegenden Rheinseite gelegenen Burg Ehrenfels als Zollwarte für die Erhebung des Rheinzolls. Der Turm wurde zu Beginn des 14. Jahrhunderts für die Eintreibung des Wegzolls erbaut. Seinen Namen erhielt er aufgrund einer Saga. Heute ist er zu einer echten Attraktion geworden.

Die Saga des Mäuseturms

Erzbischof Hatto II. regierte im 10. Jahrhundert in den Jahren von 968 bis 870 in Mainz. Er galt als harter und geiziger Herrscher. Trotz seines großen Reichtums nahm er lieber, als zu geben. Seine Schatzkammern waren voll Gold, dennoch konnte er nie genug haben und nahm weiterhin unbarmherzig seine Untertanen aus.

Infolge seines Handelns nahm die Hungersnot im Lande zu. Viele Menschen verloren sogar das Leben. Es war nur logisch, dass sein Volk sich gegen ihn erhob. In ihrem erbärmlichen Zustand versammelten sie sich um seine Burg und schrien nach Brot. Erzbischof Hatto II. war zu keinen Verhandlungen bereit. Stattdessen bezeichnete er sie als lästig und unnütz.

Hatto II. ließ Greise, Kinder, Männer und Frauen festnehmen

Damit hatte er das Volk noch mehr gegen sich aufgebracht. Die Unruhen konnten nur gewaltsam beendet werden. Hatto II. sandte seine Knechte aus und ließ Greise, Kinder, Männer und Frauen festnehmen. Er sperrte die Gefangenen in alte Scheunen und ließ diese in Brand stecken. Aus den bald hochlodernden Flammen war bald ein grauenhafter Schrei zu hören. Der harte Erzbischof war davon aber nicht im Geringsten beeindruckt. Er spottete nur mit den Worten: „Hört nur, die Mäuse pfeife“ darüber.

Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, kam das Strafgericht Gottes über ihn. Eine riesige Schar von Mäusen quoll aus der brennenden Scheune hervor. Sie fluteten wimmelnd zum Schloss Hatto II, ihm blieb nur noch die Flucht. Egal wohin er lief, die mausgraue Flut verfolgte ihn überall hin wie eine Plage.

Der Turm sollte sein Zufluchtsort werden

Als Erzbischof Hatto II. schließlich selbst vor Not und Sorge abgemagert war, wie einst sein hungerndes Volk, wusste er sich nicht mehr weiter zu helfen. Auf einer kleinen Insel im Rhein bei Bingen errichtete er einen hohen Turm. Im obersten Stockwerk ließ er ein an Ketten hängendes Bett anbringen. Dies wurde zu seinem Zufluchtsort. Aber auch hier sollte er keinen Frieden finden.

Eines Morgens wimmelte es vor dem Turm von Mäusen. Es kamen immer noch mehr dazu. Der Erzbischof versuchte ihnen zu entkommen. Mit seinem Kahn wollte er ans Rheinufer überzusetzen. Das Boot war aber schon zernagt und nicht mehr zu gebrauchen. Hatto II. wandte sich wieder dem Turm zu und hetzte die Treppe hinauf. Er schlug alle Türen hinter sich zu und verkroch sich im obersten Geschoß in seinem Bett.

Hier sollte er nun sein Ende finden. Einige Tage später, nachdem die Mäuseschar wieder abgezogen war, fand man im Turm nur noch sein Gerippe. Hatto II. wurde von den Mäusen bei lebendigem Leib verspeist. Seither wurde der Erzbischof noch oft nachts bei dem Turm als unruhige und ungewisse Nebelgestalt gesehen. Bis heute wird der der Turm als „Mäuseturm“ bezeichnet und gilt als beliebte Sehenswürdigkeit.