Quelle: Kreis Mainz-Bingen

Jugendliche dort abholen, wo sie unterwegs sind: Möchten Unternehmen und Betriebe Nachwuchskräfte gewinnen, ist es wichtig, auf den Plattformen präsent zu sein, auf denen sich die Jugendlichen aufhalten. Und dabei gilt: Mit der Zeit gehen. So ist Social Media die Sprache der jungen Generation, flache Hierarchien sorgen für eine attraktive Willkommenskultur.

Talente frühzeitig identifizieren

Über solche Strategien zur Gewinnung von Auszubildenden tauschten sich die Teilnehmenden beim Wirtschaftsforum des Landkreises im Ingelheimer Kreishaus aus.

„Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels ist es wichtiger denn je, junge Talente frühzeitig zu identifizieren und zu fördern. Ich freue mich daher sehr auf inspirierende Impulse“, begrüßte Landrätin Dorothea Schäfer.

Dabei wurde deutlich: Wenn Unternehmen um Nachwuchs werben möchten, sollten sie verschiedenste Instrumente dafür nutzen. „Überall muss sichtbar sein, dass sie auf der Suche nach jungen Talenten sind. Und zwar auf allen Ebenen“, so Dominik Ostendorf, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Rheinhessen.

Schulkooperation und Praktika

Dazu gehört, die Ausschreibung der offenen Stellen prominent auf der eigenen Website zu platzieren. Was zunächst banal klingen mag, sei tatsächlich nicht immer selbstverständlich. Ebenso gilt es, Social-Media-Beiträge zu veröffentlichen und großflächig zu plakatieren – zum Beispiel auf den eigenen Dienstwagen oder in Aufenthaltsbereichen. Auch Speed-Datings oder Berufsinformationsmessen bieten sich als passende Werbeplattformen an.

Als einer der Gastrednerinnen und -rednern des Wirtschaftsforums berichtete Ostendorf insbesondere, was Betriebe im Handwerk zur Verbesserung ihrer Situation tun können. Wichtig sei, sich als Unternehmen aktiv anzubieten, überhaupt erst das Interesse für die Branche zu wecken. Das gelingt durch Schulkooperationen und Praktika, wodurch das Kennenlernen solcher Tätigkeiten ermöglicht wird. „Viele junge Menschen haben noch nie einen Nagel in ein Stück Holz geschlagen. Deshalb muss man ihnen im Vorgriff auf eine Ausbildung das Handwerk näherbringen“, erklärt Dominik Ostendorf. Sind die Nachwuchskräfte schließlich gefunden, gilt es, sie auch zu halten, in dem die Arbeitgeberattraktivität gesteigert wird.

Welchen Mehrwert bietet das eigenen Unternehmen für den Azubi?

Das bestätigte auch Timon Zapf, stellvertretender Leiter Aus- und Fortbildung bei der Industrie und Handelskammer (IHK) für Rheinhessen. Er geht aber noch einen Schritt zurück: „Unternehmen müssen sich zunächst bewusst sein, welchen Mehrwert sie bieten und sich fragen, warum ein junger Mensch gerade zu ihnen kommen sollte. Das ist die Grundlage.“

Ist diese Frage geklärt, spielt vor allem das authentische Marketing eine Rolle. Für alle Interessierten stellt die IHK geeignete Werbemittel unter dem Motto #könnenlernen bereit. Die Idee der Kampagne: Jungen Leuten vermitteln, wie es sich anfühlt, Auszubildende oder Auszubildender zu sein und so eine Willkommenskultur für Neulinge schaffen. Eine gute Plattform bietet zudem die „Praktikumswoche Rheinland-Pfalz“, die vom 7. bis 31. Oktober 2024 stattfindet. Innerhalb dieses Zeitraums besteht für junge Menschen die Möglichkeit, in fünf Tagen in verschiedenste Berufsfelder und Unternehmen reinzuschnuppern.

Hotel Papa Rhein als Paradebeispiel

Als Paradebeispiel, wie Auszubildende erfolgreich gewonnen werden können, galt an diesem Abend das Binger Hotel Papa Rhein. Von derzeit insgesamt 142 Mitarbeitenden sind 24 Auszubildende und zwei duale Studentinnen im Einsatz, wie die Hotel-Leiterinnen Michelle Klären und Nadine Gabel aus der Praxis berichteten.

„Wir setzen auf flache Hierarchien, wir duzen uns alle und haben ein sehr gutes Betriebsklima“, so Klären.

Das Hotel garantiert außerdem eine Übernahme nach der Ausbildung. Zudem seien auch Themen wie Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung von Betrieben immer wichtiger, um Nachwuchskräfte von sich zu begeistern. So plant das Hotel gerade, in der Umgebung sozial geförderten Wohnraum zu schaffen. Hier sollen sowohl Mitarbeitende als auch Bürgerinnen und Bürger eine Unterkunft finden. Darüber hinaus hat das Hotel drei Mitarbeiterinnen aus Ruanda eingestellt und beteiligt sich in diesem Land auch an einem Schulbau. Ein gutes, familiäres Umfeld zu schaffen, sei ausschlaggebend dafür, dass sich die Mitarbeitenden wohlfühlen und zufrieden sind.

Ort sein,  an dem man gerne arbeiten will

„Wir wollen einfach ein Ort sein, wo man gerne arbeiten will und wovon man auch gerne in seinem Freundeskreis berichtet“, sagt Nadine Gabel.

Welche Ausbildungsberufe bei jungen Menschen aus dem Landkreis Mainz-Bingen aktuell sehr beliebt sind, zeigt ein Blick in die Statistik der Agentur für Arbeit Mainz. Kaufleute für Büromanagement, Kfz-Fachkräfte und medizinische Fachangestellte sind demnach besonders interessant. Insgesamt stehen derzeit 540 Bewerberinnen und Bewerber 840 offenen Stellen gegenüber, wie Bernadette Mohr und Christine Kalisch präsentierten. Bedarf an Mitarbeitenden ist also gegeben. Sie stellten darüber hinaus verschiedene Fördermöglichkeiten für Unternehmen vor. Dazu zählt die assistierte Ausbildung „ASA flex“, bei der Auszubildende während der gesamten Ausbildung betreut und begleitet werden. Auch Langzeitpraktika, Mobilitätszuschüsse und das Angebot von Sprachkursen seien Möglichkeiten, Nachwuchskräfte für sich zu gewinnen. Dabei sei hilfreich, beim Alter der Auszubildenden offener zu sein.

Jugendberufsagentur Plus

„Es gibt generell ein großes Potential an Personen, die derzeit nicht in Arbeit sind, aber durchaus eine Ausbildung machen könnten“, betont Bernadette Mohr.

Wie die Jugendberufsagentur plus des Landkreises ferner beim Thema Ausbildung unterstützen kann, erklärten Darja Grams-Bentz und Nicole Schröder-Herbig (wir berichteten). Ihre Mission: Kein Jugendlicher darf verloren gehen.

„Wir möchten jungen Menschen mit Startschwierigkeiten und in Problemlagen beim Übergang in das Berufsleben den Weg ebnen“, so Schröder-Herbig.

Die beiden Frauen haben sich zum Ziel gesetzt, ein großes Hilfenetz zu spannen und Hilfen aus einer Hand zu bieten. So vermitteln sie niederschwellig an verschiedenste Beratungsstellen und versuchen, Ausbildungsabbrüche zu verhindern. Zentral ist dabei die Zusammenarbeit mit den sogenannten Jobagentinnen und -agenten, die im Landkreis unterwegs sind, das direkte Gespräch mit den Jugendlichen suchen und sie darin unterstützen, in eine Ausbildung oder einen Beruf zu kommen. Ganz aktuell wirken Darja Grams-Bentz und Nicole Schröder-Herbig auch an der Ausbildungsplatzbörse des Kreises am Freitag, den 21. Juni mit, bei der passend zum Thema Gewinnung von Auszubildenden rund 20 Mainz-Binger Unternehmen um Nachwuchs werben werden (wir berichteten).