Seit Corona müssen Kneipen und Restaurants die Daten ihrer Gäste sammeln. Die saarländische Polizei nutzt diese, um Straftaten aufzuklären, wie der Saarländische Rundfunk berichtet hat. Innenminister Klaus Bouillon (CDU) verteidigt diese Praxis – Datenschützer kritisieren sie. Ob die Daten vor Gericht als Beweis genutzt werden können, ist noch nicht geklärt.


In Kiel kam es zu Corona-Ausbrüchen. Die Infizierten waren nach eigenen Aussagen unter anderem in einem Imbiss, wie der Spiegel berichtet. Nun werteten die Behörden dort die Gästeliste aus, um herauszufinden, mit wem die Infizierten Kontakt hatten.

Auf dieser Liste stand unter anderem „Micky Maus“. Offensichtlich hatte sich ein Gast geweigert, seine tatsächlichen Daten preiszugeben und daher einen Fake-Namen angegeben. Wer dieser Tage Kneipen und Restaurants besucht, erlebt so gut wie nie, dass der Wirt die angegebenen Daten tatsächlich prüft – etwa indem er sich einen Ausweis zeigen lässt.

Das Misstrauen gegenüber den Listen erschwert, wie der Kieler Fall zeigt, die Nachverfolgung der Kontakte von Corona-Infizierten. Und dieses Misstrauen könnte steigen. Denn wie es sich herausgestellt hat, hat die Polizei in mehreren Fällen auf die Listen zugegriffen, um Straftaten aufzuklären.

Notwendig oder Missbrauch?

Der saarländische Innenminister Klaus Bouillon (CDU) hat diese Praxis nun verteidigt: „Würden die Strafverfolgungsbehörden von der gesetzlich zulässigen Nutzung der Daten im Einzelfall keinen Gebrauch machen, würden sie ihrem gesetzlichen Auftrag nicht gerecht und Straftaten blieben unaufgeklärt.“ Als „Missbrauch“ bezeichnete indes der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) auf Twitter die Verwendung der Daten für andere Zwecke als die Corona-Nachverfolgung.

Das sieht Bouillon offensichtlich anders: Zum einen würden die Daten nur zur Aufklärung von schweren Verbrechen genutzt und nicht für Bagatellfälle. Zum anderen sehe die Strafprozessordnung vor, dass solche Daten genutzt werden dürften. Zweckentfremdet würden die Daten nur, wenn sie zu kommerziellen Zwecken genutzt werden.

Bouillon lehnt es ab, dass erst ein Richter grünes Licht geben müsse, bevor die Polizei auf die Daten zugreifen darf. Denn einen solchen Vorbehalt gebe es ja schon: Die Wirte müssten die Listen nicht freiwillig rausrücken. Verweigert ein Wirt der Polizei die Herausgabe, müsse ja schon jetzt ein Richter entscheiden.

Vorschlag aus Rheinland-Pfalz

Der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte Dieter Kugelmann weist eine Möglichkeit auf, mit der die Herausgabe geregelt werden könnte: ein Begleitgesetz zu den Corona-Verordnungen. Ein solches könne regeln, dass die Daten nur zum Zweck der Eindämmung der Pandemie genutzt werden.

Wie belastbar die Praxis der Polizei ist, wird sich noch zeigen: Nämlich dann, wenn die Kontaktlisten in Prozessen als Beweis gebraucht werden und Richter entscheiden müssen, ob sie diese als Beweismittel zulassen. Sollte ein Kieler Gericht etwa „Micky Maus“ den Prozess machen wollen, hätte der Disney-Konzert gute Chancen, den Prozess zu gewinnen.

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