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Saarbrücken. Die Landeshauptstadt gehört zu rund 50 Städten, die in Deutschland bereits den Klimanotstand ausgerufen haben. Aber was bedeutet das? Müssen etwa künftig alle Besucher das Auto in Riegelsberg, Völklingen oder St. Ingbert stehen lassen?

Ein Metallgerüst rostet im Wald vor sich hin. Gut 200 Meter weiter steht ein Holzbalken einsam und verlassen. Die Jüngeren haben keine Ahnung, mit welchen Relikten sie aus der Antike der Moderne es zu tun haben. Den Älteren schleicht vielleicht das Wort „Trimm Dich“-Pfad in die obere Hälfte des Bewusstseins.

Die „Trimm Dich“-Welle hatte Deutschland in den frühen 70er Jahren erfasst. Zum einen standen mit den Olympischen Spielen und der Fußball-Weltmeisterschaft zwei sportliche Großereignisse im Land an. Zum anderen mehrten sich die Berichte, dass die Kinder zu dick seien und zu wenig vors Haus gehen.

Die Antwort hieß „Trimm Dich“-Pfad. Alle 200 Meter ein Gerät, so können Familien den Waldspaziergang mit gymnastischen Übungen kombinieren. Das war die Idee. Und Geld war genug da. Also schossen allenthalben die Pfade aus dem Waldboden.

Nur symbolische Bedeutung

Apropos Schießen. Im Mai eröffnete Konstanz den Reigen und erklärte den Klimanotstand. Mittlerweile sind rund 50 weitere Städte gefolgt. Die Liste erhebt längst keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aber Saarbrücken ist dabei.

Eine rechtliche Bedeutung hat der Klimanotstand vorderhand nicht. Ein Notstand im juristischen Sinn ist es nicht. Es ist zum einen ein Symbol. Zum anderen eine Selbstverpflichtung, den Klimaschutz bei künftigen Entscheidungen in den Vordergrund zu stellen.

Auch wenn der Klimanotstand rechtlich nicht bindend ist, steht noch eine spannende Entscheidung an: Was wenn der Klageverein „Deutsche Umwelthilfe“ ein Dieselverbot in einer Stadt durchsetzen will, die den Klimanotstand ausgerufen hat? Wird das Gericht das Symbol in seinem Urteil berücksichtigen?

Die Städte, die den Klimanotstand ausgerufen haben, haben in der Regel angekündigt, weitere Schritte folgen zu lassen – konkrete Schritte. So verzichtet Konstanz künftig im Sommer auf ein großes Feuerwerk, Bochum will Mauern durch Hecken ersetzen und Kiel will Schiffe mit Strom versorgen, damit die im Hafen die Maschinen abstellen können. Der Konstanz Oberbürgermeister Uli Burchardt (CDU) will ab November auf einen Dienstwagen verzichten.

Konkrete Maßnahmen: Studie und Beirat

In Erlangen verspricht die „Fridays for Future“-Aktivistin Hannah Voss dem Sonntagsblatt „konkrete Maßnahmen“: Bis Mitte 2020 soll eine Kurzzeitstudie vorliegen, die besagt, welche Schritte notwendig sein werden. Und dann fällt noch unter konkrete Maßnahmen, dass es einen Stadtklimarat geben soll. Der wird aber vielleicht mit dem „Agenda 21“-Beirat gemeinsam tagen.

Davon abgesehen rennt Fridays for Future in Erlangen offene Türen ein. So fordert die Bewegung Lastenfahrräder, die Bürger sich leihen können, um sperrige Gegenstände zu transportieren. Würde fordern. Denn die Leihräder gibt es in Erlangen schon. Das übersehen zu haben, ist für die Aktivistin Voss aber nicht die Schuld der Aktivisten: „Das Problem war allein, dass man für diese Aktionen zu wenig Werbung gemacht hat und deshalb haben nur wenige Leute dann mitgemacht“, lässt sie sich im Sonntagsblatt zitieren.

Doch um für den Klimanotstand gelobt zu werden, braucht es nicht viel. Der Heidelberger Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) will zwar nicht wie sein Kollege in Konstanz auf einen Dienstwagen verzichten. Aber er hat sich ein E-Bike zugelegt, berichtet die Rhein-Neckar-Zeitung. Die Heimatzeitung lobt ihren Stadtchef für das Strom betriebene Fahrrad: „Auch das ist ein klares Signal.“

Was die Klimanotstände gebracht haben, wird sich am besten 40 Jahre danach sagen lassen. So wie bei den „Trimm Dich“-Pfäden. Oder gibt es heute noch dicke Kinder? Oder welche, die nicht vor die Tür gehen?