Saarbrücken. Die Landespolizei hat am Wochenende einen Twitter-Marathon veranstaltet und so einen spannenden Einblick in ihr Berufsbild gegeben. Ihre Öffentlichkeitsarbeit ist indes längst ein Politikum. Jetzt will die AFD durchsetzen, dass die Herkunft der Täter in Mitteilungen genannt wird. Für die Polizisten selbst wird die Lage durch solche Initiativen noch komplizierter.
Polizei ist immer auch Politik. Während des Krieges trieb ein Frauenmörder in Berliner S-Bahnen sein mörderisches Werk. Dabei profitierte er von der Verdunkelung. Und von der Politik. Das NS-Regime untersagte lange eine Personenfahndung. Die Herrscher fürchteten sich vor Panik – zudem sollten die Folgen der Verdunkelung als Gesprächsthema vermieden werden.
Auch in der DDR bekamen die Ermittler Knüppel zwischen die Beine geworfen. Zum sozialistischen Paradies passte es einfach nicht, dass Menschen aus Habgier raubten oder gar mordeten. Deswegen wurden solche Verbrechen gerne verschwiegen – oder als Thema zumindest klein gehalten. In einer Diktatur können die Herrscher das einfach anordnen.
In einer Demokratie ist die Presse frei. Aber sie bewegt sich nicht im luftleeren Raum. Mehrere Reporter abzustellen, um die Hintergründe eines Verbrechens auf eigene Faust herauszufinden? Das gibt es noch im Krimi. Im echten Leben fehlt dazu längst das Geld. So sind die Journalisten auf die Pressemitteilungen der Polizei angewiesen. Und auch die sind ein Politikum.
Die AFD hat einen Antrag in den saarländischen Landtag eingebracht. Die Polizei solle künftig die Herkunft von Tätern in Pressemitteilungen nennen. Das Kalkül liegt auf der Hand: Flüchtlinge, die Straftaten begehen, sieht die Partei als Werbung für ihren Kurs, der Aufnahmestopps und Abschiebungen fordert.
Junge Männer mit dunklen Hosen gesucht
Die anderen Parteien und die Mehrzahl der Journalisten argumentieren: Auf die Nationalität hinzuweisen, sei rassistisch. Wenn einer einbreche oder jemanden verletze, tue er das nicht aufgrund seiner Herkunft, sondern aus anderen sozialen Umständen, die bei der jeweiligen Tat berücksichtigt werden müssten.
Beide Seiten dulden keine Grauzonen und beanspruchen ihre Sicht der Dinge als in allen Fällen anwendbar. Doch so einfach ist es nicht: „Iraker schlägt Frau“. Die Schlagzeile wirft Fragen auf: Gibt es solche Fälle nicht bei deutschen Männern? Oder Luxemburgern, Schweizern oder Liechtensteinern? Und müsste dann nicht geprüft werden, ob es korrekt heißen müsste: „Deutscher mit irakischem Migrationshintergrund und afghanischen Großeltern schlägt deutsche Frau, deren Vorfahren aus Pommern zugewandert sind“? Und was hat das alles noch mit der zu verurteilenden Tat zu tun?
Andererseits kennt auch die politisch korrekte Variante ihre peinlichen Momente: Etwa wenn in einem Fahndungsaufruf nach einer Gruppe gesucht wird: „Junge Männer, die dunkle Hosen trugen“. Würde das ernst genommen, würde es zu sehr vielen Hinweisen führen. Oder, wie im wirklichen Leben, dazu, dass solche Fahndungsaufrufe nichts mehr bringen.
Im Sommer brannten mehrfach Strohballen. Oft in der Nähe zur französischen Grenze. Dieses Portal thematisierte die Serie. Danach wurde ausgesuchten Journalisten die Statistik zugespielt, um beruhigende Beiträge zu ermöglichen a la Problem habe es schon immer gegeben. Dummerweise ging die entsprechende Mail aus Versehen über den kompletten Verteiler. Seitdem tauchen brennende Strohballen nicht mehr in Polizeimeldungen auf.
Antisemitismus ist immer rechtsextrem – in der Statistik
Ein anschauliches Beispiel für politische Manipulationen durch die Darstellung von Polizeiarbeit ist die Statistik zu antisemitischen Straftaten. Diese gelten automatisch als rechtsextremistisch bedingt, solange nichts anderes bewiesen ist. Das hat Folgen für die Berichterstattung.
Beiträge a la Statistik belege Zunahme rechtsextremistischer Straftaten. Oder Statistik lasse nicht erkennen, dass islamistisch motivierte Straftaten stiegen. Formal ist das richtig. Die Statistik lässt diese Schlüsse zu. Die Frage bleibt, inwiefern eine unter solchen Umständen zustande gekommene Statistik mit der Wirklichkeit korrespondiert. Oder um der ehemalige britische Premier Winston Churchill nicht doch recht hatte, als er meinte, er traue nur Statistiken, die er selber gefälscht hat.
Die Polizei hat es schwer genug: Mangelnder Respekt vor Beamten. Vermehrt sogar Übergriffe. Personalnotstand. Zig tausende Überstunden, die viele in diesem Leben nicht mehr abfeiern können. Das Netz ermöglicht neue Felder der Kriminalität. Und dass Menschen zu Tausenden ohne Ausweis ins Land die Sicherheitslage nicht verbessert hat, kann durch den „Kampf gegen Rechts“ übertönt werden. Oder durch den Hinweis, der AFD nicht nutzen zu wollen. Aus der Welt lässt sich der Fakt aber durch politische Korrektheit nicht.
Vor dieser schwierigen Sicherheitslage muss die Polizei gestärkt werden, wo es nur geht. Dazu gehört, dass sie flüchtige Täter beschreiben dürfen muss. Und zwar mit mehr als dem Hinweis, dass es sich um junge Männer mit dunklen Hosen handelt.