Corona-Viren haben offenbar eine große Schwachstelle. Ein Forschungsteam der Uni Kassel hat eine neue Möglichkeit gefunden, die Viren zu bekämpfen. Die Methode scheint vielversprechend.


Strom gegen das Virus

Elektrische Felder können das Coronavirus unschädlich machen. Denn mithilfe elektrischer Felder lässt sich das typische Spike-Protein, also die Stacheln auf der Oberfläche, inaktivieren, denn das Protein reagiert sehr empfindlich auf elektrische Spannung. Das Spike-Protein ist sehr wichtig für das Virus, um menschliche Zellen befallen zu können. „Dieses Protein bindet spezifisch an einen Rezeptor namens ACE2 auf der Oberfläche menschlicher Zellen. Das Virus kann dann mit der Zellmembran verschmelzen, sein Erbgut ins Zellinnere entlassen und sich weiter vermehren. Deshalb ist das Spike-Protein Angriffspunkt für Therapien und Impfungen“, schreibt die Universität Kassel.

Schwachstrom reicht aus

Seit Anfang 2020 erforscht der Physik-Professor, Martin Garcia von der Universität Kassel,  mit seinem Forschungsteam das Verhalten von Corona-Viren in elektrischen Feldern und hat wochenlange, aufwendige Computer-Simulationen erstellt. In dieser Simulation durchlaufen die Viren ein elektrisches Spannungsfeld, das zwischen zwei Metallplatten entsteht. Diese Technik wird beispielsweise in der Lebensmittelindustrie zur Desinfektion verwendet. Jedoch wird bei Bakterien Hochspannung benötigt, während die Methode aus Kassel mit Schwachstrom, wie zum Beispiel bei Batterien, funktioniert.

„Unsere Computersimulationen zeigen, dass das Spike-Protein sehr anfällig für elektrische Felder moderater Stärke ist, die mithilfe einer einfachen Batterie erzeugt werden können. Dabei ist es sogar mehr als tausendmal empfindlicher als andere Proteine“, erklärt Garcia.

Er erklärt, dass Corona-Viren „extrem instabil“ seien und durch eine geringe Spannung ihre Struktur veränderten und dadurch inaktiv würden. Das bedeutet, dass die Viren zwar weiterhin bestehen bleiben, aber nicht mehr an andere Zellen andocken können. Das würde sie unschädlich machen. „Es ist kein Problem, wenn man das Virus einatmet“, erklärt Garcia.

Luftfilter mit Spannungsfeld gegen das Virus

In der Praxis könnten die Erkenntnisse helfen, neue Luftfilter gegen das Virus zu entwickeln. Denn die Luftfilter könnten ohne großen Aufwand mit einem Spannungsfeld aufgerüstet werden, so der Professor. Es sei keine neue Anlage notwendig und die Methode sei auf Dauer auch günstiger, weil sie nur wenig Energie brauche, erklärt er weiter.

Ein Filter, der die Viren aus der Luft zieht, müsse natürlich auch regelmäßig ausgetauscht werden. Dieses Austauschen entfalle bei der Spannungsfeld-Methode. Wie genau der Einbau gelingt und wie eine solche Vorrichtung aussehen könnte, erforschen zur Zeit Ingenieure der Uni Kassel.

Bald auch Masken mit Spannungsfeld?

Der Physik-Professor sieht aber neben den Luftfiltern noch eine andere Möglichkeit. Man könnte eine Mini-Vorrichtung für ein solches Spannungsfeld in Masken einzubauen: „Für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen, zum Beispiel in Diskotheken, kann ich mir das vorstellen, für den Alltag eher nicht.“ Aktuell könne er aber noch nicht einschätzen, was eine solche Maske kosten würde.

Garcia hat bereits ein Patent seine Spannungsfeld-Idee angemeldet. Es fehle ihm nun nur noch ein Unternehmen, das die Methode in Luftfiltern ausprobieren möchte. Denn bislang basieren die Erkenntnisse auf physikalischen Modellen. Diese müssen natürlich noch in der Praxis überprüft werden. Garcia und sein Forschungsteam sind aber optimistisch.