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Am Donnerstag (17. Juni 2021) veröffentlichte die Allgemeine Zeitung (AZ) einen Artikel, in denen Landwirten und Winzern vorgeworfen wird, entgegen geltender Regelungen auf öffentlichen Flächen Gras zu mähen. Thilo Ruzycki, Landwirt in Hahnheim, kann den im Artikel getroffenen Aussagen nicht zustimmen und wollte dies der Tageszeitung auch mitteilen. Von Einsicht oder Annahme der Kritik fehlte allerdings nach Angaben des Landwirtes jede Spur. BYC-News sprach mit Thilo Ruzycki darüber.

Pflegeplan regelt, wo und wann gemäht werden darf

In dem Artikel der AZ geht es vor allem darum, dass laut einem Pflegeplan zwischen März und Oktober auf öffentlichen Flächen in Hahnheim kein Gras gemäht werden darf. Das diene dem Schutz der Wildtiere, die die Flächen in dieser Zeit als „Schutzraum und Kinderstube“ nutzen. Laut dem Artikel der Tageszeitung halten sich aber nicht alle Landwirte an diese Regelung, die gemeinsam von Landwirten, Winzern, Jägern, Naturschützern und der Gemeinde Hahnheim verfasst worden sei.

Wie Thilo Ruzycki mitteilt, sei dies aber etwas anders als geschildert der Fall gewesen. Der Pflegeplan wurde im Anschluss an die Gespräche mit den Landwirten noch mehrfach umgestellt und schließlich von einem Plenum beschlossen worden. Ob die Landwirte dann damit zufrieden waren, sei nicht mehr gefragt worden. Stattdessen habe man ihnen den Plan einfach vorgelegt. Man habe also schon mit den Landwirten gesprochen, allerdings wurde keine Einigung erzielt.



„Die Zeitung fällt immer wieder durch schlechte Recherche auf“

„Hauptsächlich geht es mir aber darum, dass ich wie auch viele andere jetzt schon vermehrt festgestellt habe, dass die AZ vor allem in landwirtschaftlichen Themen viel zu einseitig berichtet. Die schlechte Recherche fällt immer wieder auf. Da lässt man sich ein Thema von einer Person vorkauen und übernimmt das Gesagte dann ohne weitere Prüfung oder ohne mal die andere Seite zu befragen“, sagt Thilo Ruzycki.

„Meine Mutter, die zudem örtliche Bauernvereinsvorsitzende ist, schrieb die AZ per Mail an und teilte mit, dass sie gerne angesprochen werden würde, wenn explizit Hahnheimer Landwirte in einem solchen Artikel gemeint werden. Als Antworte haben wir nur die Aussage erhalten, dass ja kein Landwirt direkt genannt wurde und alles total harmlos formuliert sei. Einsicht oder mal eine Entschuldigung kam dabei überhaupt nicht. Das ist zwar richtig, dass kein Landwirt direkt genannt wurde, allerdings befindet sich der auf dem Beitragsbild der AZ abgebildete Weg direkt vor unseren Weinbergen. Das wissen natürlich auch die Bürger. Zudem handelt es sich dabei um eine Wegefläche und keine Ausgleichsfläche. Vermutlich konnten sie kein Bild von einer gemähten Ausgleichsfläche nehmen, weil es diese überhaupt nicht gibt“, so der Landwirt.

Weil der Landwirt mit der Antwort auf die Mail seiner Mutter nicht einverstanden war, verfasste er daraufhin in den sozialen Medien einen Kommentar unter dem Beitrag der Tageszeitung. In diesem machte er auf die falschen Informationen im Artikel aufmerksam und Informierte über den Unterschied zwischen Wegeflächen und Ausgleichsflächen. Dieser Kommentar wurde daraufhin von der AZ gelöscht, da dieser angeblich gegen die Netiquette verstoßen hätte. „Ich habe jetzt schon von mehreren die Rückmeldung erhalten, dass der Kommentar gar nicht sachlicher hätte formuliert werden können. Es macht also den Eindruck, als könne man einfach nicht mit Kritik umgehen. Auf meine Rückfrage, gegen welchen Punkt der Netiquette ich denn verstoßen hätte, kam auch keine Rückmeldung.

 

Thilo Ruzycki – Landwirt aus Hahnheim | Quelle: Thilo Ruzycki

Wegeflächen müssen freigehalten werden

Der Landwirt erklärt, den Unterschied zwischen Ausgleichsflächen und Wegeflächen nochmal ausführlich: In der Gemarkung gebe es verschiedene Flächen in öffentlicher Hand. Das seien zum einen Ökoflächen, die als Ausgleichsflächen angelegt werden. Zum anderen seien auch Wege- und Wendeflächen in öffentlicher Hand. Diese Wegeflächen zählen nicht zu den Ökoflächen. Diese Flächen werden sowohl von den Landwirten befahren aber auch von Bürgern genutzt, die beispielsweise dort mit den Hunden spazieren gehen. Diese Flächen werden von den Landwirten aus gleich mehreren guten Gründen gemäht. Zum einen gebe es eine sogenannte Wegesicherungspflicht. Darin werde geregelt, dass diese Wege sicher befahrbar sein müssen. In hohem Gras sieht man aber keine Steine, kein Holz aber auch beispielsweise kein Rehkitz, was dort liegt und dann totgefahren wird. Auch Bodenwellen werden nicht gesehen. Aus diesem Grund versucht man das Gras bei solchen Wegen kurz zu halten, um eben diese Gefahren auszuschließen.

„Vor allem Winzer fahren im Sommer häufig, also 15 bis 17 Mal, mit dem Traktor über die Wege. Zudem werden die Wege auch zu Fuß vom Winzer oder Spaziergängern besucht. Da macht es natürlich kein Spaß durch hohes Gras zu waten. Besonders Mäuse-Gerste verfängt sich oft in der Kleidung oder dem Fell von Tieren. Auch die Mitarbeiter kann ich da nicht drin rumlaufen lassen“, erklärt Thilo Ruzycki.

Feldrandhygiene wichtig für die Arbeit der Landwirte

Auch der Aspekt der Feldrandhygiene sei hier noch zu nennen. Dabei gehe es vor Allem um den Unkrautdruck und Pilzkrankheiten. Diese Pilzkrankheiten und auch Unkraut oder Wildkräuter können sehr schnell vom Feldrand auf das Feld gelangen. Landwirte haben dann einen hohen Arbeitsaufwand, um dieses Problem wieder in den Griff zu bekommen. Auch aus diesem Grund wird ein Mulchstreifen von rund einem Meter um das Feld herum sauber gehalten.

Ausgleichsflächen und Wegeflächen wurden nicht unterschieden

„Die Gemeinde hat diese öffentlichen Wegeflächen und die öffentlichen Ausgleichsflächen einfach in einen Topf geschmissen und da nicht differenziert in dem Artikel der AZ. Das sind aber zwei unterschiedliche Dinge. Und mir ist hier in der Gemarkung keine Ausgleichsfläche bekannt, die von einem Landwirt sinnloser Weise gemäht wurde. Das wird in dem Artikel zwar auch nicht explizit geschrieben aber es führt einfach bei vielen für Unmut, dass wir Landwirte wieder mal nicht gefragt wurden und wir mal wieder im schlechten Licht stehen“, sagt der Landwirt.

„Der Bürgermeister könnte uns auch einfach mal anrufen“

Auch was die Kommunikation von Seiten des Bürgermeisters angeht, wünscht sich Ruzycki ein anderes Vorgehen: „Der Bürgermeister könnte ohne Probleme einfach mal zum Telefon greifen und uns Landwirte anrufen und nachfragen warum etwas gemulcht wird. So würden wahrscheinlich viele Probleme direkt aus der Welt geschafft werden. Stattdessen aber direkt an die Presse zu gehen halte ich für etwas voreilig. Dass der Bürgermeister kein gutes Bild und keinen guten Draht zu den Landwirten hier hat, ist sowieso bekannt. Schade ist nur, dass die AZ sich dafür hernehmen lässt, das Bild noch weiter zu verschlechtern.“

Allen Landwirten sei letztendlich daran gelegen, dass die Natur ihren Raum hat und sich auch entfalten kann. Allerdings müsse dies auch mit der Arbeit der Landwirte zusammen passen. Auf Wegeflächen sei dies aber einfach nicht der Fall.