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An diesem Freitagnachmittag (26. März 2021) gegen 16:30 Uhr haben rund 30 Demonstranten gegen den Abbau der Schlafcontainer für Obdachlose am Fort Hauptstein in Mainz demonstriert. Die Forderung der Anwesenden: Die Unterkünfte der Obdachlosen am Fort Hauptstein sollen bleiben! Aus diesem Grund hatte der Verein #Rheinhessen hilft unter dem Motto „Herzlich statt herzlos“ zu der Demonstration aufgerufen.


Die Demonstration verlief ruhig und geordnet

Die Stadt Mainz will die Schlafcontainer am Fort Hauptstein bereits Ende März abbauen. Das sorgte schon im vergangenen Jahr für viel Aufmerksam, wie auch in diesem Jahr. Bei der vom Verein #Rheinhessenhilft organisierten Demonstration an diesem Freitag nahmen rund 20 Personen teil. Zunächst fand eine Kundgebung am Schillerplatz statt. Von dort ging es über Große Langgasse und Große Bleiche zum Binger Schlag und von dort über die Wallstraße zum Fort Hauptstein – dem Platz des Container-Dorfes. Dort wurde die Versammlung gegen 17:45 Uhr durch die Initiatoren beendet. BYC-News war bei der Demonstration vor Ort.

Die gesamte Demonstration wurden von der Mainzer Polizei mit zwei Streifenwagen und zwei Polizeimotorrädern begleitet. Durch den Demonstrationsmarsch kam es zur Staubildung im Bereich zwischen der Schillerstraße und dem Fort Hauptstein. Die Veranstaltung verlief sehr ruhig und geordnet, die Hygienevorschriften wurden ordnungsgemäß eingehalten.

Bei der Kundgebung am Schillerplatz erntete vor allem der Sozialdezernent, Dr. Eckart Lensch, starke Kritik:

Der Verein #Rheinhessenhilft dazu:

Der Sozialausschuss der Stadt Mainz hat heute das Thema „Fort Hauptstein“ kurz thematisiert. Der Mainzer Sozialdezernent Dr. Lensch bleibt bei seiner Linie, dass die Stadt im großen und ganzen nichts falsch macht. Ein Telefonat zwischen unserem Vorstand und Herrn Dr. Lensch fand vor der Sitzung statt. Wir bleiben bei unseren Fakten und Aussagen. Bemerkenswert ist die Aussage des Ausschussmitgliedes Myriam Lauzi (SPD und eine Parteikollegin von Dr. Lensch): „Niemand muss auf die Straße“.

Nachdem Rhein-Main Nachrichten – BoostyourCity.de der Stadt und dem Sozialdezernat am 19. März einen kritischen Fragenkatalog übersandt hat, reagierte die Stadt darauf am 23. März. In der Nacht des 23. März meldete unser Verein die für morgen geplante Demo am Schillerplatz an. Am Vormittag des 24. März veröffentlichte unser Verein erst diesen Veranstaltungshinweis mit einer ausführlichen Pressemitteilung zur miserablen Obdachlosenpolitik der Stadt. Nachdem dann auch weitere Medien bei der Stadt nachgefragt und berichtet hatten, dass und warum morgen die Demo stattfindet, schickte die Stadt am Mittag des 24. März – erstmalig – einen Mitarbeiter zu den BewohnerInnen des Fort Hauptstein, um diesen (laut Aussage von Dr. Lensch) Unterkünfte unter anderem im Thadäusheim und dem Egli-Haus anzubieten. Alles nur, weil wieder massiver demokratischer Druck ausgeübt wurde. Sonst wäre wohl gar nichts passiert.

Viele Obdachlose brauchen Ruhe

Weiter schreibt der Verein #Rheinhessenhilft: Unter welchen Bedingungen die Menschen dann coronakonform untergebracht werden, ist uns nicht bekannt. Im Rahmen von Notschlafplätzen? In 4er-Belegungen? Wir wissen es nicht. Den Freiraum, den die obdachlosen Menschen am Fort Hauptstein in den Containern hatten, wird es so nicht mehr geben. Und das wird viele wieder zwangsläufig auf die Straße zurückziehen. Viele Obdachlose brauchen eben Ruhe, wollen nichts mit möglicher Gewalt, Diebstahl oder Drogen zu tun haben oder haben schlechte Erfahrungen in Unterkünften gemacht.

Aber wir erinnern uns an die Aussage von Myriam Lauzi (SPD) im heutigen Sozialausschuss: „Niemand muss auf die Straße“. Frau Lauzi sagte auch, dass man den Menschen dann nach und nach helfen kann, Wohnungen zu bekommen. Viele Menschen sind dauerobdachlos und hätten sogar sehr gerne eine Wohnung. Wir können Frau Lauzi wenn gewünscht eine Liste mit Namen geben, die die Stadt im Rahmen von Wohnungszuweisungen abarbeiten kann. Daran soll es nicht liegen. Spaß beiseite.



„Wir brauchen keine leeren Versprechungen“

Zudem betont der Verein: Wir brauchen keine leeren Versprechungen sondern messen die Politik an den Taten. Der Sozialausschuss wurde heute öffentlich per Live-Stream von der Stadt übertragen. Danke SPD Mainz für nichts! Und warum wir bei diesen Thema so eine kritische Zunge haben? Weil uns die Menschen am Herzen liegen, weil wir das Elend täglich selbst sehen und uns mit den Problemen, Sorgen und Ängsten der Obdachlosen herumschlagen müssen.

Wir bekommen keine städtischen und staatlichen Förderungen und haben deswegen keine Hand, die uns füttert. Das war uns immer wichtig. Unsere Unterstützer sind unsere Spenderinnen und Spender und unsere Mitglieder. Uns sind Preise oder Auszeichnungen nicht wichtig, denn so bleiben wir unabhängig und müssen uns auch keine Gedanken machen, wenn wir den Finger in die offene Wunde legen. Wir sagen das, was gut läuft und nehmen bei dem, was schlecht läuft, ebenfalls kein Blatt vor den Mund. Unser Lohn ist das Lachen der obdachlosen Menschen auf den Straßen.

„Wir schämen uns für diese Obdachlosenpolitik“

Interessant ist, wie der Verein mitteilt, auch: die Stadt stellt von November-März die Container für den Kälteschutz auf. Sagt jetzt aber, sie hat für alle 20 Bewohner Unterbringungsmöglichkeiten. Warum werden dann überhaupt Container jedes Jahr aufgestellt, wenn es angeblich so viele Plätze in den stationären Einrichtungen gibt? Ein Widerspruch. Was machen die Menschen jetzt, die in den Abend- und Nachtstunden eine dringende Unterbrechung benötigen oder kurzfristig obdachlos geworden sind, wenn sie von den Einrichtungen wegen Überfüllung abgewiesen werden? Was sollen wir diesen Menschen sagen? Die Container jedenfalls stehen dann nicht mehr zur Verfügung. Wir wissen von welchen Problemen wir reden, da wir nicht am Schreibtisch sitzen, sondern auf der Straße unterwegs sind. Der Sozialdezernent Dr. Lensch betont übrigens immer, dass Mainz die Stadt in Rheinland-Pfalz ist, die die meisten Plätze für obdachlose Menschen hat. Ist das ein Grund, dies positiv zu bewerten? Oder heißt dies, dass die Angebote in Mainz für obdachlose Menschen nicht gut genug sind, dass viel zu wenige in Wohnungen vermittelt werden oder dahin vegetieren?

Wir schämen uns für diese Obdachlosenpolitik. Und machen natürlich weiter mit unserer wichtigen Arbeit auf der Straße.