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Nachrichten Mainz | Mit dem, Anfang des Jahres beschlossenen, Koalitionsvertrag der Ampelparteien will sich die FDP ihren Weg zurück in den Mainzer Stadtvorstand sichern. Nachdem die Koalition nach massiver Kritik an dem Vorhaben, einen ehrenamtlichen Wirtschaftsdezernenten zu stellen zunächst zurückruderte, scheint dieses sich nun zu konkretisieren.


Fraktion PIRATEN & VOLT einen Gegenvorschlag ein

Statt des ehrenamtlichen Wirtschaftsdezernats, welches sich in den Kompetenzen beinahe vollständig mit denen der derzeitigen hauptamtlichen Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) deckt, deutet sich nun die Schaffung eines Dezernats für überregionale Zusammenarbeit in der Rhein-Main-Region an.

In der überregionalen Zusammenarbeit im Rhein-Main Gebiet, aber auch in Hinblick auf die Vertretung der Region gegenüber Bund, Ländern und International ist es sicherlich wichtig, die Interessen der Stadt Mainz einzubringen, eine Intensivierung und Ausweitung der bisherigen Dialogforen ist daher wünschenswert. Die Beauftragung eines ehrenamtlichen Dezernats mit dieser Mammutaufgabe ist hingegen schwer verständlich, denn man würde einen 6-stelligen Betrag pro Jahr ausgeben und wäre vollständig von der Mitarbeit anderer Städte abhängig.

Ein fader Beigeschmack bleibt, da sich auch mit diesem Dezernat wesentliche Kompetenzen mit dem CDU-geführten Wirtschaftsdezernat überschneiden werden. Es scheint, als ginge es der FDP nur darum, sich einen Platz im Stadtvorstand zu sichern, anstatt sinnvolle Verbesserungen zum Wohle der Bürger der Stadt zu machen. Daher bringt die Fraktion PIRATEN & VOLT einen Gegenvorschlag ein.

Der Fraktionsvorsitzende Tim Scharmann

“Unser Vorschlag ist die Schaffung eines ehrenamtlichen Dezernats, so wie es die regierenden Parteien im Koalitionsvertrag vorgesehen haben. Allerdings soll sich diese*r Dezernent*in ausschließlich mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen. Das Ziel besteht darin, Mainz hin zu einer Smart City weiterzuentwickeln. Dabei sollen von diesem Dezernat keine Bereiche und Aufgaben übernommen werden, die bereits durch ein bestehendes Dezernat abgedeckt sind. Vielmehr würde diese*r Dezernent*in den Stadtvorstand in Fragen der Digitalisierung konstruktiv ergänzen.“

Der stellvertrende Fraktionsvorsitzende Maurice Conrad

“Während wichtige Themen wie Innovation und Digitalisierung, die sich die FDP nur allzu gerne auf die Fahne schreibt, im Mainzer Stadtvorstand oft unbeachtet bleiben, verursacht die Schaffung eines Dezernats für überregionale Zusammenarbeit lediglich Spannungen und Kompetenzüberschneidungen mit dem Wirtschaftsdezernat. Inhaltlich hätte dieses Dezernat keinerlei Kompetenzen, die nicht bereits abgedeckt sind. Digitale und technologische Innovation sind hingegen Themen, die in Mainz viel zu lange vernachlässigt wurden. Mit einem ressortübergreifenden Dezernat böten sich der Stadt Mainz, seinen Bürger*innen aber auch der Wirtschaft viele neue, bislang ungenutzte, Chancen”



Warum sollte es ein solches Dezernat geben?

Im kürzlich erschienen “Smart City Index 2019”  des Digitalverbands Bitkom landet bei der Frage “Wie digital sind Deutschlands Städte” Mainz auf Platz 58. Hier gibt es also deutlichen Verbesserungsbedarf und Luft nach oben.

Die Indikatoren des Studienberichts von Bitkom und die gemessenen Parameter bieten einen guten Ausgangspunkt für eine Zielsetzung und Aufgabenbeschreibung eines solchen Dezernats.

Digitalisierung der Verwaltung

  • DMS & E-Rechnung
  • Bargeldloses bezahlen und E-Payment
  • Online-Terminvergabe
  • Online-Bügerservices
  • Website und Kommunikations-Tools (Chatbot etc.)
  • Social-Media-Präsenz
  • City-App

IT & Kommunikation

  • Breitbandausbau
  • Glasfaserausbau
  • Mobilfunkverfügbarkeit (3G und 4G) für alle Haushalte
  • Public WLAN
  • LoRaWAN

Energie und Umwelt

  • Intelligente Straßenlaternen
  • Anteil Photovoltaik am Gesamtstromverbrauch der Stadt
  • Smart Waste und City Logistic
  • Leitlinien zur nachhaltigen Beschaffung und Entsorgung von Elektrogeräten
  • E-Fahrzeuge
  • Ladeinfrastruktur
  • Emissionsarme Busse

Mobilität

  • Parken und digitale Verkehrsschilder
  • Intelligente Ampeln
  • Handytickets und Echtzeitinformationen im ÖPNV
  • Carsharing und Ridesharing
  • Weitere Sharing Angebote (z.B. Fahrräder)

Gesellschaft

  • Bürgerbeteiligungsplattform
  • FabLabs einrichten
  • Coworking Spaces
  • Open-Data-Plattform
  • Geodatenportal
  • Handelsplattform für lokale Unternehmen

Einige dieser Vorgänge, wie die Online Terminvergabe, sind in Mainz schon möglich, während andere, wie digitale Parkleitsysteme, in Planung sind. Viele Vorgänge sind aber noch nicht möglich. Daran zu arbeiten ist die Aufgabe dieses neuen Dezernats.

Wie könnte so ein Dezernent arbeiten?

Ein solches Dezernat kann bewusst im Querschnitt mit allen anderen Dezernaten arbeiten. Einige der o.g. Punkte sind bereits in bestehenden Dezernaten angesiedelt. Daher könnten im Dezernat Digitalisierung Mitarbeiter*innen anderer Dezernate mit einem bestimmten Anteil Ihrer Stelle arbeiten. Das sorgt für Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer. Es wäre kein statisches Verwaltungsorgan sondern kann als Projektgruppe verstanden werden, die sich speziell dem Ziel verpflichtet, die Digitalisierung der Stadt Mainz voran zu treiben mit dem Ziel tatsächlich zu einer Smart City zu werden. Das Dezernat bündelt, je nach Projekt, zudem die Kapazitäten der Stadtverwaltung, stadtnaher Gesellschaften und anderer relevanter Akteure wie Wirtschaftsunternehmen oder Bürgerinitiativen.

Tim Scharmann: “Wir halten ein solches Dezernat für deutlich sinnvoller und effizienter als das von der FDP vorgeschlagene Dezernat für regionale Kooperation. Wir hoffen, dass sich die anderen Fraktionen im Rat unserem Vorschlag anschließen und freuen uns über Anregungen, Kritik und Unterstützung.”