Hier spricht das andere Ende der Leine: der Don. Wenn deine Kontakte auf wenige Personen reduziert werden, ist das ja immer blöd. Aber in meinem Fall ist das der Dicke. Und das ist dann schon ätzend. Aber wir versuchen, uns da durch zu rappeln.


Mir fehlt der Schorsch. Nicht nur wegen des Essens. Den herrlich frischen Fleischwürsten. Die Leberwurst, die mir immer noch ein wenig in den Zähnen kleben bleibt. Den Leckerlis vom Norbert. Oder dem Rührei vom Thorsten. Mmmhhh… Rührei….

Wo war ich stehen geblieben? Ach so, ja: Es geht mir nicht ums Essen. Ich vermisse vor allem diese letzte Stunde vorm Schließen. Wenn der Dicke mit dem Reiner und dem Andy an der Theke sitzt, dem Dirk, dem Johann, dem Frank und der Geli. Ich liege dann auf meiner Decke und denke: Was für ein Dummgebabbel – und nicke dabei ein wenig weg.

Jetzt habe ich den Dicken. 24 Stunden am Tag. Es gab durchaus Zeiten, da hätte ich mir das gewünscht. Als er noch den alten Job hatte, musste ich oft allein daheim bleiben. Das habe ich gehasst.

Ich wollte nie in leere Wohnung

Zum Glück gab es meine Freunde vom Hunde(t)raum. Die sind mit mir Gassi gegangen. Und weil ich nie in die leere Wohnung zurück wollte, haben sie oft noch mit mir auf einer Bank gesessen und mir so die Zeit vertrieben. Das werde ich nie vergessen.

Erinnern ist in diesen Tagen besonders wichtig. Wenn ich die Augen geschlossen habe, fallen mir all die ein, die ich liebe. Und vermisse. Der Dicke meint, ich würde wieder öfters im Traum weinen. So wie ich es in meinen ersten Wochen bei ihm gemacht hätte. Aber das sei ok, jeder müsse einen Weg finden, damit umzugehen. Ich lasse das mal so im Raum stehen. Klüger wird es nicht, wenn es vom Dicken kommt.

Was richtig doof ist: Wir bleiben draußen nicht mehr bei anderen Hunden stehen. Ich kann da so viel drauf hinweisen, wie ich will. Der Dicke geht weiter. Genau so wie damals, als ich den Zwingerhusten hatte. Dabei fühle ich mich kerngesund. Auch der Dicke wirkt, als ob er in Ordnung wäre – im Rahmen seiner Möglichkeiten.

Trotzdem gehen wir an den anderen Hunden vorbei. Machen regelrecht einen Bogen. Sogar das Grüßen hat aufgehört. Haben sich die Kotbeutel-Träger früher sogar unterhalten oder wenigsten „Hallo“ oder „Guten Tag“ gesagt, so gehen sie jetzt schweigend aneinander vorbei – den Blick gesenkt.

Es riecht nach Frühling

Wieso, habe ich den Dicken gefragt? Wenn man Abstand hält und aneinander vorbeigeht, kann man doch genau so gut „Guten Tag“ sagen, war meine These. Der Dicke hat mir recht gegeben. Grundsätzlich. Hat sein Verhalten aber nicht geändert. Vielleicht liege es daran, dass die Menschen sich die sozialen Kontakte abgewöhnen wollen… Das ist wiederum die Klasse an Dummgebabbel, die ich vom Dicken gewohnt bin.

Immerhin: Der Napf ist jetzt voller und es gibt auch zwei davon am Tag. Der Dicke versucht auszugleichen, was mir beim Schorsch und draußen sonst noch so fehlt. Wobei eine gescheite Fleischwurst kriegt er nicht besorgt. Sich selber hat er Pfannkuchen gemacht. „Pfannkuchen“. Aber er hat mir verboten, davon zu berichten.

Dafür ist er jetzt nicht mehr so angespannt. Er hat sich ernsthafte Sorgen gemacht, ob wir noch ausreichend vor die Tür kommen. Das tun wir. Wobei es für meinen Geschmack mehr sein könnte. Gerade jetzt, da es draußen blüht und alles so herrlich nach Frühling riecht.

Nach meinem Geschmack könnte es immer mehr sein, hat der Dicke darauf gemeint. Tief durchatmen, Don, tief durchatmen. Du wirst ihn jetzt lange konzentriert aushalten müssen. Eine Frage, für einen Freund: Ab wie vielen Tagen Kontaktsperre dürfen Hunde ihren Kotbeutel-Halter beißen?

Der Dicke und ich, ich im Vordergrund. Selfie: Der Don

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