Viel wird über Haustiere gesagt und geschrieben. Hier kommt eines selber zu Wort: der Don: Ich führe den Dicken spazieren. Wo wir hingehen, das bestimme ich. Das sagen ihm zumindest seine Freunde so. Ich finde das nicht gut. Es ihm zu sagen. Denn es ist deutlich einfacher, wenn er glaubt, dass er der Boss ist – was natürlich Quatsch ist.

Dennoch verfügt der Dicke durchaus über einige für mich zentrale Machtmittel: Er weiß, wie man Türen und Dosen öffnet. Wo es diese Dosen gibt. Und letztlich hat er natürlich die Leine in der Hand. Allerdings auch die Kotbeutel. Die wiederum sind ein Symbol für meine Herrschaft und die dahinter stehende Formel: Führen durch Handlungsdruck.

Foto: Eva.

Der Dicke macht die Dinge, so wie ich sie will, aber er kriegt es nicht mit. Den Kot aufzukratzen, ist nur ein Ergebnis der Strategie. Ich bestimme seinen gesamten Tagesrhythmus. Gerne erzählt er davon, wie er früher gerne lange geschlafen hat. Tja, Pech gehabt. Ich will spätestens um 9 Uhr raus. Allerspätestens.

Dann muss der Dicke sich weitere Zeitfenster freihalten, denn ich werde wieder rausmüssen. Außerdem will ich fressen. Und wer mich nur als gemütlich kennt, soll sich nicht täuschen. Wenn ich nicht rechtzeitig mein Fressen kriege, kann ich arschig werden. Liegt er dann etwa auf der Couch, lege ich mich daneben und drücke ihn weg. Spaß am Lesen oder Fernsehen hat er dann jedenfalls nicht mehr.

Wobei ich in letzter Zeit nicht mehr so gerne auf die Couch gehe. Der Dicke meint, das liege daran, dass ich alt würde. Dummschwätzer. Es ist mir manchmal einfach nur zu anstrengend hochzuspringen. Zudem zieht’s beim runterspringen. Ok. Vielleicht hat der Dicke recht und ich werde wirklich alt. Aber sagt ihm das bloß nicht, der kann komisch werden, wenn er recht hatte. Wenn er mal recht hatte.

Aber ich sehe kein Problem darin, dass ich nicht mehr so oft auf die Couch gehe. Zwar weiß ich, dass oben zu liegen, ein Zeichen für Herrschaftsanspruch ist. Doch darauf zu verzichten, kommt nur meiner Strategie entgegen: Ich führe den Dicken, ohne dass er es mitkriegt.

Druckmittel Gesicht

Draußen stehen mir dafür viele Druckmittel zur Verfügung: Ich kann stehen bleiben oder in die andere Richtung ziehen. Wenn der Dicke mir folgt, hüpfe ich fröhlich. Das gefällt ihm, setzt Glückshormone frei. Da er danach süchtig ist, bleibt das mein zweitbestes Mittel.

Das beste ist mein Gesicht. Wenn ich den „Du weißt, dass ich im Käfig gesessen habe und nicht raus durfte, könntest du mir diese paar Zusatzmeter nicht gönnen“-Blick auf. Wie oft der funktioniert? Öfters als Ihr denkt.

Am Ende führe ich ein ganz gutes Leben beim Dicken. Wenn der einzige Preis dafür ist, dass er denkt, der Boss zu sein, dann zahle ich den halt. Erzählt er es anderen weiter, dass er der Chef sei, glaubt ihm das ohnehin keiner.

Hier geht es zum zweiten Teil der Serie

Hier geht es zum ersten Teil der Serie