Hier kommt das andere Ende der Leine zu Wort: der Don. Meine Interessen verändern sich: Auch daheim. Vor allem aber beim Gassi gehen. Der Dicke ist noch unschlüssig, ob er das gut findet.


Ich bin ein Veteran der Hundespielwiese in Kastel. Als diese am Ostermontag 2013 erstmals getestet wurde, war ich dabei. Zufällig. Wir kamen da auf unserer Rheinroute vorbei und der Dicke hat den anderen Mario gefragt, was denn hier los sei.

So wurde ich der letzte unter den ersten Hunden. Wobei eine Leistung kann mir keiner mehr nehmen: Ich war der erste, der sich auf der Wiese unter dem Zaun durchgewühlt hat. Gerne erinnere ich mich, wie neugierig mir die anderen dabei zugesehen haben. Ungerne an das Gefühl, auf der anderen Seite des Zauns zu stehen und nicht recht zu wissen, was ich dort nun tun soll.

In Bijeljina war ich eingesperrt. Auf sehr engem Raum. Rausgekommen bin ich gar nicht. Nicht mal zur Toilette. Als ich zum Dicken kam, habe ich mich dann unter jedem Zaun durchgegraben, an dem wir vorbeigekommen sind. Ob es Sinn ergeben hat oder nicht, war mir egal. Ich genoss das Gefühl, den Zaun endlich überwinden zu können. Oder muss es unterwinden heißen?

Andere Frauchen im Fokus

Egal. Soll der Dicke nochmal über den Text drüber lesen. Jedenfalls hat mich diese Leidenschaft noch ein paar Hundejahre getrieben, als ich beim Dicken war. Der andere Mario nannte mich den Zauntester. Doch dann war diese Leidenschaft überwunden. Über Nacht. Sie bedeutete mir nichts mehr.

Dinge ändern sich. Leidenschaften auch. Auf der Hundespielwiese habe ich gerne mit anderen getobt. Mit Lisa, obwohl es mich ärgerte, wenn sie mich mal wieder abhängte. Oder Luke, dem ich sein Spielzeug geklaut habe. Oder Karlchen und all die anderen.

Ich bin nicht ungesellig geworden. Das nicht. Gerne gehe ich auf Spaziergängen zu anderen Hunden und freue mich, wenn ich das auch darf. Doch Rumtoben ist nicht mehr mein Ding. Ein bisschen Schnuppern. Manchmal noch zwei, drei kleine Verfolgungsjagden. Dann ist aber auch gut.

Mittlerweile flirte ich eher mit den anderen Frauchen und Herrchen. Denn die haben – anders als der dicke Geizhals – Leckerlis bei sich. Manche fragen, ob ich was haben darf. Andere geben es mir einfach. Verhungert wie ich bin, kann ich jeden zusätzlichen Bissen gut gebrauchen.

Manche Leidenschaften ändern sich nie

Gassi gehe ich auch noch gerne. Das schon. Doch nicht mehr so bedingungslos wie früher. Da musste der Dicke selbst noch nach drei Stunden mit meinen Klagen leben, wenn wir Feld oder Wiesen verlassen haben. Nur so lange will ich jetzt nicht mehr. Anderthalb, zwei Stunden genügen mir. Dann signalisiere ich dem Dicken, dass es mir jetzt reicht.

Auch wenn es regnet oder kalt ist oder stürmisch… Dann bleibe ich stehen und zeige dem Dicken mit meinem Blick an: Komm, is‘ gut, Alter, lass uns umdrehen. Meistens guckt er erleichtert. Nur manchmal wirft seine Stirn Falten. Also noch tiefere Falten als sonst.

Dafür bin ich jetzt lieber zuhause. Mit dem Dicken auf dem Sofa. Dann brumme ich vor Wohlbehagen. Er glaubt, ich genieße die Situation. Das darf er auch – ja, er soll’s sogar. Denn eigentlich geht es mir darum, eine Wohlfühlsituation aufzubauen. Für ihn. Denn in der ist der Dicke eher bereit, mir noch ein Leckerli zu geben. Und darauf stehe ich. Manche Leidenschaften ändern sich halt nie.

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Der Dicke und ich, ich im Vordergrund. Selfie: Der Don