Hier kommt das andere Ende der Leine zu Wort: der Don.
Meine Interessen haben sich verschoben. Früher war es mir beim Gassigehen wichtig, Fährten zu lesen oder zu jagen – wenn es der Dicke denn mal zugelassen hätte. Doch mittlerweile habe ich einen anderen Schwerpunkt entdeckt: die Säckeltaschen anderer Herrchen und Frauchen.
Neulich wollte ich nicht mehr weg. Ein Frauchen hatte eine Tüte dabei. Voll mit Leckerlis. Den guten. Und das beste daran: Ihr Hund wollte nichts. Der lief lieber in der Gegend rum. Wahnsinn. Alles für mich.
Sie hat es mir auch gegeben. Nach jedem Leckerli meinte der Dicke: „Das langt dann jetzt aber.“ Nach jedem einzelnen Leckerli. Doch sie hat mir immer wieder das nächste gegeben. Es war herrlich. All die „Das langt dann jetzt aber“ waren so lecker wie die Leckerlis. Also fast.
Frauchen sind spendabler geworden
Irgendwie sind die Frauchen und Herrchen spendabler geworden. Ich weiß nicht, woran das liegt. Vielleicht freuen sie sich mehr über uns Hunde, weil sie öfters und länger zuhause bleiben. Der Dicke meinte, die Leute hätten auch weniger Gelegenheit Geld auszugeben. Aber in schweren Zeiten sei genau das tröstlich. Also suchten sie sich etwas, für das sie es ausgeben können.
So recht verstehe ich das nicht. Allerdings geht mir das öfters so, wenn der Dicke redet. Doch ich kann mir meinen eigenen Reim drauf machen. Wenn es lange und viel regnet, gehen wir weniger Gassi. Das ist ok. Ich will dann auch gar nicht.
Aber mein Hunger ist dann größer. Ich langweile mich. Und weil all das herrliche Draußensein wegfällt, esse ich mehr. Oder ich versuche wenigstens, den Dicken davon zu überzeugen, dass ich Hunger habe. Allerdings schlägt ein Herz aus Stein in seiner Brust. Oder es schlägt eben nicht. Ich habe es nicht so mit Metaphern. Auf jeden Fall weigert er sich, meine Ration zu erhöhen.
Spenden heißen Donation
Ich bin also auf Spenden angewiesen. Engländer und Amerikaner scheinen das zu wissen und haben das Wort nach mir benannt: Donation. Die müssen den Dicken kennen.
So ziehe ich denn über die Straßen, werfe Blicke in Tüten, schnuppere an Müll und vor allem setze ich mein schärfstes Schwert ein: meinen Blick. Wenn ich in Habacht vor jemandem mit einer Leckerlitüte sitze, bleibt die nur selten verschlossen.
Bildet also eine Donnation und spendet armen ausgehungerten Hunden. Am besten live, am zweitbesten in Form von Gutscheinen. Denn wenn ich erst mit dem Dicken um Essen konkurriere, ist mein Blick ein stumpfes Schwert.