Hier kommt das andere Ende der Leine zu Wort: der Don. Das habe ich noch nie gemacht. Wirklich nicht. Ehrenhundewort. Ich glaube dem Dicken, denn ich will ihm glauben. Er sagt, Silvester verlaufe dieses Jahr harmloser.

Der Dicke und ich, wir haben geredet. Am Dienstag. Er wollte mir beibringen, dass der 29. Dezember sei. Ich habe es ihm nicht geglaubt. Dann würden mehr Raketen hochkommen und wir nicht zwei Stunden am Rhein Gassi gehen, sondern auf der der Couch liegen. Der Dicke vorne, ich nach Schutz suchend dahinter.

Doch der Dicke hat es mir erklärt. Das habe mit Corona zu tun, die Pfleger im Krankenhaus hätten so schon zu viel Arbeit und wenn jetzt noch Leute dazu kämen, die sich mit Böllern verletzt hätten, würde es insgesamt zu viel für die Pfleger werden.

Nicht dass der Dicke mich hätte überzeugen müssen. Im Gegenteil. Ich habe nie verstanden, warum der Mist sein muss. Mir hätte es gereicht, dass der Dreck Krach macht und ich Angst habe. Dass sich Menschen dabei verletzen, war mir nicht klar und lässt alles nur noch absurder erscheinen.

2020 hat mir viel Spaß genommen

Jetzt hat mir 2020 viel Spaß genommen. Der Schorsch hat jetzt schon zum zweiten mal geschlossen. Ich vermisse den Norbert und den Günter, die Heike und die Silke. Als Menschen. Gut. Die Wurst, die ich von ihnen erhalte, vermisse ich dabei auch. Ein wenig viel.

Dann bleiben wir nicht mehr so lange im Fressnapf, weil der Dicke wegen der Maske rumpienzt. Wobei ich zu seiner Verteidigung sagen muss: Als mich in der Bahn ein Mann zwingen wollte, eine Maske aufzusetzen, hat er das durchaus entschlossen abgewehrt. Seitdem sind wir nicht mehr Bahn gefahren.

Aber das Schlimmste von allem ist an diesem Corona-Jahr. Der Dicke hängt fast pausenlos zuhause rum. Wir gehen zwar mehr spazieren. Aber mal ein Stündchen ungestört schlafen, ohne auf den Verrückten aufpassen zu müssen, wäre schon nett. Zum Glück habe ich im Schlafzimmer meine Höhle, in die ich mich verziehen kann.

Mir fehlt meine Gang

Ob das 2021 besser werde, ließe sich jetzt noch nicht sagen, meint der Dicke. Und da er mit der Silvestersache recht zu haben scheint, will ich ihm mal glauben. Oder vielmehr: Ich muss.

Nicht zu wissen, wann es wieder Wurst oder Schnitzel gibt, ist natürlich blöd. Und dann fehlt mir meine Gang. Also eigentlich steht das im Vordergrund. Ehrlich. Als ich im Januar krank war, haben mir alle die Daumen gedrückt und mir Mut zugesprochen. Das hat mir gefallen. Doch, das hat es.

Aber die Böllerei scheint auszufallen. Oder zumindest weniger zu werden, wie es der Dicke vermutet. Denn manche hätten sich schon was von dem Dreckszeug besorgt. Als wir heute vom Gassi zurückgekommen sind, hat es dann auch gekracht. Aber nur leicht. Sodass ich dem morgigen Abend entspannter entgegen schaue, als ich es sonst tue.

Entspannter, aber nicht positiver gestimmt. Denn zu dem ganzen Corona-Mist gehört, dass wir Silvester dieses Jahr nicht wie gewohnt bei unseren Freunden verbringen können. Und wenn es auch vielleicht weniger krachen wird als sonst – die Ruhe ihrer Stimmen wird mir in dem Moment massiv fehlen. Für 2021 wünsche ich mir dann, dass wir unsere Freunde wieder häufiger sehen. Das ist dann doch das Wichtigste. Ehrlich.

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Der Dicke und ich, ich im Vordergrund. Selfie: Der Don