Eugen Roth
Eugen Roth

Gewerkschaften tun sich mit dem Thema der Stunde, Klimawandel, schwer. Denn Organisationen wie „Fridays for Future“ fordern einen freiwilligen Verzicht auf Wirtschaftskraft – direkt oder indirekt. Doch zum Kerngeschäft der Gewerkschaften gehört es, mehr für ihre Mitglieder rauszuholen. Das geht leichter bei steigender Wirtschaftskraft. Boostyourcity.de hat daher saarländische Gewerkschafter gefragt, wie sie zur Hauptforderung der Klimaschutz-Bewegung stehen: der CO²-Steuer.

Margharete ist sich nicht ganz sicher, wie solide das moralische Fundament ihres neuen festen Freundes ist. Deswegen stellt sie ihm die für sie entscheidende Frage: „Heinrich, sag, wie hältst Du es mit der Religion?“ Faust weicht der Gretchen-Frage mit intellektuellen Tricks aus.

Befreundet wären die Gewerkschaften gerne mit „Fridays for Future“ und Co: Junge Menschen, die Massen auf die Straße bringen – das ist, was sonst eigentlich die gewerkschaftliche Folklore ausmacht. Auf Bundesebene haben sich führende Funktionäre entsprechend wohlwollend geäußert. So der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann. Verdi-Chef Frank Bsirske ging sogar soweit, seine Mitglieder dazu aufzurufen, sich an den Freitags-Demonstrationen zu beteiligen – allerdings außerhalb der Dienstzeit.

Vor dem Hintergrund haben wir die saarländischen Gewerkschaften gefragt, wie sie zur CO²-Steuer stehen. In bestem Framing-Deutsch auch CO²-Bepreisung oder CO²-Prämie genannt. Hinter ihr steht der Gedanke, Steuern auf Vorgänge zu nehmen, die einen besonders hohen Kohlendioxid-Ausstoß verursachen (CO²). Das Geld soll dann für Projekte eingesetzt werden, mit denen der Klimaschutz gefördert werde.

Verdi fordert Steuerreform statt neuer Steuer

Die Gewerkschaften antworten mit einem eindeutigen: Ja, aber. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi erinnert an ihre Beschlusslage: Demnach tritt Verdi für eine „CO²-Bepreisung“ ein: „Dazu haben wir, gemeinsam mit anderen Verbänden die Bundesregierung in einem Brief aufgefordert. In dem Brief wollen wir, eine umgehende und sozial ausgewogene Einführung eines CO2-Preises in den Sektoren Gebäude und Verkehr“, teilt Verdi auf Anfrage mit.

Die Gewerkschaft hält aber nicht nur eine Steuer für notwendig. Sondern eine eigene Steuerreform. Das neue System solle verschiedene Aspekte wie soziale Sicherheit oder gerechte Lastenverteilung mit dem Klimaschutz verbinden. Das basiert auf einer Idee, die ursprünglich von den Grünen kam: Die Bürger sollen eine Pro-Kopf-Prämie erhalten, umso die Lasten durch die Besteuerung von CO² auszugleichen.

Ein solches System könne laut Verdi „aus sozialer Sicht besonders wegweisend sein“, wie Verdi mitteilt: „Die Einführung einer CO2-Bepreisung kann und sollte zu einer relativen Besserstellung von Haushalten mit geringen Einkommen genutzt werden.“ Zu den Dingen, die nach Verdi besteuert werden sollen, gehören auch „Wärmesysteme entsprechend ihrer Klimabelastung“. Mit anderen Worten: Wer mit Öl heizt, soll mehr zahlen.

DGB warnt vor aktionistischen Schnellschüssen

Die bisherige Debatte über die CO²-Steuer sieht der DGB Saarland „kritisch“, wie der für das Land zuständige Vorsitzende Eugen Roth sagt. Bisher sei weder geklärt, wie stark eine solche Steuer die Menschen belaste, noch wie das so gewonnene Geld verteilt werden soll. Deswegen sei eine „Gesamtkonzeption“ notwendig, bevor eine solche Steuer kommt.

Zu einer solchen Gesamtkonzeption kann für Roth gehören, dass der öffentliche Nahverkehr im ländlichen Raum ausgebaut wird. Das zusätzliche Geld also in Busse, Bahnen und Fahrer investiert wird. Würden mehr Menschen auf diese umsteigen, hätte das einen besseren Effekt auf die Menge an ausgestoßenem CO² als bei „zweifelhaften beziehungsweise nicht belegten Einzelmaßnahmen“.

Für Roth ist aber auch klar, dass eine CO²-Steuer der Wirtschaft nicht schaden darf: „Das Autoland Saarland muss zudem die Beschäftigungswirkung besonders im Auge haben. Wir dürfen nicht, ausgehend vom VW Skandal, unüberlegt das Kind mit dem Bade ausschütten.“ Vermieden werden müsse, dass „Feindbilder bedient“ werden oder „aktionistische Schnellschüsse“ abgegeben würden.

Energieintensive Betriebe nicht benachteiligen

Diesen Punkt greift auch die Chemie- und Bergbau-Gewerkschaft IG BCE auf: „Für die IG BCE ist der soziale Ausgleich bei der C02-Steuer von zentraler Bedeutung: Ohne ein intelligentes Rückvergütungsmodell, das neben Einkommensschwachen auch berufstätige Pendler und Menschen auf dem Land entlastet, kann eine zusätzliche Steuer nicht funktionieren. Mehr Klimagerechtigkeit geht nur mit mehr sozialer Gerechtigkeit“, teilt die Gewerkschaft auf Anfrage mit.

Deutschland müsse sich zudem darüber klar werden, dass eine CO²-Steuer „kein Allheilmittel für weitere CO2-Einsparungen sein kann“. Jobrisiken, bürokratischer Aufwand und die Lenkungswirkung einer möglichen Steuer müssten miteinander abgewogen werden: „Und zwar offen, ehrlich und ideologiefrei“. Dazu gehöre es auch, mögliche Standortnachteile für energieintensive Betriebe zu berücksichtigen.