Ich habe „ja“ gesagt. Das Angebot angenommen und nach dem Gerätetraining auch noch den Gymnastikkurs mitgemacht. Doch allmählich kommen Zweifel auf. Und Atemnot. Und Ärger. Wie sich zeigen soll, ist die zweite Trainingseinheit die schwerste. Motivationstechnisch.

Ich sitze in der Umkleide. Wieder. Drei Tage sind seit den ersten beiden Trainingseinheiten vergangen. Zum ersten mal bin ich richtig schlecht gelaunt. Wegen mir selbst. Wie schon am ersten Tag habe ich mein Handtuch vergessen. Praktisch ist das kein Problem. Die Mädels vom Gym7 leihen mir eins aus und lächeln dabei verständnisvoll.

Trotzdem fühlt es sich Mist an: Bitten zu müssen. Einerseits. Andererseits: Nicht genug bei der Sache gewesen zu sein, um daran zu denken. Aber vor allem sieht jeder, dass du ein Depp bist, weil du mit dem Studio-Handtuch durch die Gegend latschst. Football-Coach Patrick Esume sagt, man könne nur gute Leistungen bringen, wenn man sich gut fühlt und gut auftritt; dazu gehöre, dass man das passende Outfit und die passende Ausrüstung hat – gerade verstehe ich, was er damit meint.

Drei Tage Abstand habe ich zwischen den beiden Trainingseinheiten gewählt. Es war die Angst vor dem Muskelkater, die mich den Abstand hat wählen lassen. Doch der fiel deutlich harmloser aus, als ich mir dachte: Am ersten Tag hat die Wade ein wenig gezwickt, am zweiten Tag ein wenig mehr – aber das hing auch damit zusammen, dass ich lange ohne Unterbrechung am Schreibtisch gesessen hatte.

Muskelkater ist nicht das Ziel

„Muskelkater ist nicht das Ziel“, sagt mein Personaltrainer Torben vom Gym7. Verhindere der Schmerz das nächste Training, entstünden lange Pausen zwischen den Einheiten: „Damit ist niemandem geholfen.“ Torben setzt auf eine andere Philosophie: Klar. Die Leistung solle gesteigert werden, mit der Zeit größere Gewichte gestemmt werden.

Aber der entscheidende Punkt sei: „Du musst Deinen Trott durchbrechen. Wenn Dein Körper immer nur die Leistung abrufen muss, die er kennt, wird er sich nicht weiter entwickeln.“ Deswegen sei es wichtig, während des Trainings zu variieren, das Tempo mal anzuziehen, mal schleifen zu lassen. Einfach um den Trott zu durchbrechen.

Das – und ich sage das nicht oft – berührt mich. Motiviert mich. Ich will loslegen und die Tage zwischen den Trainingseinheiten nicht ungenutzt verstreichen lassen. Zuhause will ich eigene Gymnastik machen. Doch zu meiner Überraschung pfeift Torben mich zurück: „Du verwirrst Deinen Körper – der fragt sich: Was denn jetzt? Ruhe oder Training?“ Also Training nur unter Aufsicht.

Als selbstbewussten und selbstbestimmten Menschen kränkt mich das ein wenig. Auf der anderen Seite: Ich stelle mich dumm an und Torben ist ehrgeizig. Er will nicht, dass ich das gemeinsame Projekt verhunze. Das hat er auch schon bei unserem ersten Gespräch gesagt. Ich war also gewarnt. Und letztlich ist es ok. Mir leuchtet ein, dass die Muskel gleichmäßig trainiert werden müssen. Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich nach der Übung nicht so genau, welchen Teil meiner Muskulatur ich gerade belastet habe – und welchen nicht.

Ich muss meinen Übermut zügeln

Meinen Übermut muss ich zügeln. Das hat mich schon der erste Tag gelehrt. Das Muskeltraining hat so gut geklappt, dass ich unbedingt einen drauflegen wollte. Dass Torben mich mit der Einladung für die Gymnastik provozieren wollte, ist mir bewusst. Jetzt. Doch in dem Moment, als die Frage kam, war der alte Schulhofschläger in mir stärker. Und der würde nie eingestehen, dass er eigentlich schon platt ist.

Im Gymnastikkurs hat dann selbst der Schulhofschläger in mir kapituliert. Manche Übung konnte ich einfach nicht mehr mitmachen. Ob die Luft fehlte? Oder die Kraft? Oder doch die Motivation? Letztlich ist es egal. Einige Übungen konnte ich nur noch halbherzig mitmachen, andere gar nicht. Und dass ich mir den Platz mitten im Raum ausgesucht habe, hat die Situation auch nicht gerade leichter erträglicher gemacht.

Dinge, die ich mag

Der zweite Trainingstag kommt mir da mehr entgegen: Cardio-Training. Seitdem ich mit dem Herzen Probleme hatte, habe ich Gegenmaßnahmen eingeleitet: Ich wohne im fünften Stock, ohne Fahrstuhl. Ich habe einen Hund. Und obendrein war ich früher Sportler. Die Pumpe ist also fitter, als man bei einem 120 Kilo schweren, mittelalten Mann eigentlich erwarten würde.

Torben gibt mir eine Auswahl, welche Geräte ich fürs Cardio-Training benutzen kann. Als erstes nehme ich die Rolltreppe aus der ersten Trainingseinheit. Ja, ich soll variieren. Ja, ich soll meinen Trott verlassen. Aber ich fühle mich unsicher genug, sodass mir ein wenig Sicherheit ganz gut tut. Danach kommen das Laufband und der Crosstrainer.

Eine Stunde Training. 20 Minuten auf jedem Gerät. Ich bin völlig ausgepowert. Aber ich fühle mich so gut wie lange nicht mehr. Denn ich durfte etwas machen, das ich kann. Und meinen Trott habe ich ja auch durchbrochen. Irgendwie. So verausgabt habe ich mich seit dem Marathon nicht mehr. Also seit zwölf Jahren. Da stört es mich auch nicht, dass ich nicht mit meinem eigenen Handtuch Richtung Dusche laufe.

Zu den nächsten Teilen der Serie: Fitnesserie

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